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Herzliches Einvernehmen: Außenminister Steinmeier und seine damalige italienische Kollegin Federica Mogherini im Sommer in Civitella, dem Ort eines deutschen Massakers 1944.

© Maurizio Gambarini/dpa

Italien: Entschädigung für Nazi-Opfer wieder offen

Seit Jahren streiten italienische NS-Opfer für Entschädigung - bisher vergeblich. Italiens Verfassungsgericht hat die Frage nun wieder geöffnet.

Verschleppungen und Massaker mussten Menschen in Italien 1943/44 über sich ergehen lassen, verübt von den Nazis in Sant’Anna di Stazzema, Marzabotto und zahlreichen Orten mehr. Für die Ansprüche der Opfer und ihrer Hinterbliebenen, die bis heute keinen Cent erhalten haben, hatten sich die italienischen Höchstrichter in mehreren Entscheidungen eingesetzt. Weil Deutschland Milliardenforderungen fürchtete, zog Berlin 2008 vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) und bekam 2012 recht. Der IGH bestätigte das völkerrechtliche Prinzip der „Staaten-Immunität“. Demnach hat kein Gericht eines Landes das Recht, einen anderen Staat zur Verantwortung zu ziehen. Italien, das seinerseits froh war, beispielsweise aus seiner früheren Kolonie Libyen keine Entschädigungsansprüche befürchten zu müssen, setzte den Richterspruch in nationales Recht um. Die Sache hätte damit zu Ende sein sollen und können. Sie ist es nicht.

Dafür haben am späten Mittwochabend die italienischen Verfassungsrichter gesorgt. Sie erklärten das Gesetz für verfassungswidrig. Für Fälle, in denen durch Kriegsverbrechen oder durch Verbrechen gegen die Menschlichkeit die „von der italienischen Verfassung garantierten unverletzlichen Grundrechte der Person“ tangiert würden, dürfe das völkerrechtliche Prinzip der Staaten-Immunität nicht in nationales Recht überführt werden. Auch dürfe kein Richter daran gehindert werden, die Verantwortung eines anderen Staates für derlei „schwerste Rechtsverletzungen auf italienischem Boden an italienischen Staatsbürgern“ festzustellen. Somit geht der Streit um die Entschädigungen weiter.

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