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Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler will neuer Vorsitzender der FDP werden. Der 38-jährige niedersächsische FDP-Landesvorsitzende wird sich beim Parteitag Mitte Mai um die Nachfolge des scheidenden Parteichefs Guido Westerwelle bewerben.

© dapd

Update

Entscheidung: Philipp Rösler kandidiert für FDP-Vorsitz

Den ganzen Tag haben sie getagt, diskutiert und gesprochen. Am Ende steht fest, dass Philipp Rösler sich um den Posten des Parteichefs bewirbt. Den großen Umbruch aber schaffen die Jungen nicht.

Kurz nach vier macht es Rösler das offiziell, was den ganzen Tag über schon aus den diversen Sitzungen der FDP-Gremien durchsickert. Er holt kurz Luft, fast stockt er etwas, dann sagt Rösler: „Ich bin seit 19 Jahren Mitglied der FDP, seitdem engagiere ich mich mit Freude für die liberale Sache, und ich habe mich deshalb entschieden, in dieser für die FDP nicht leichten Zeit noch mehr Verantwortung wahrnehmen zu wollen“ Deshalb werde er auf dem nächsten Bundesparteitag der Liberalen im Mai in Rostock für den Vorsitz kandidieren. Er macht auch klar, dass er im Fall seiner Wahl Vizekanzler in der schwarz-gelben Koalition werden wird. Und er wird Gesundheitsminister bleiben. "Dieses Amt übe ich seit gut einem Jahr aus und das macht mir meine neue Aufgabe leichter", sagte Rösler. Gleichzeitig betont er, dass seine Kandidatur nur ein erster Schritt zu einer "inhaltlichen und personellen Neuaufstellung" seiner Partei sei.

Der ganze große Personalwechsel, so viel steht damit fest, gelingt der FDP nicht. Philipp Rösler wird als Parteichef kandidieren, aber das war es dann wohl auch. Rainer Brüderle macht keine Anstalten sein Amt freiwillig abzutreten und bleibt vorerst Bundeswirtschaftsminister und auch Fraktionschefin Birgit Homburger kann ihren Posten behalten.

Umstellen muss sich aber die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihr Kabinett muss sie zwar damit erstmal nicht umbilden, aber einen neuen Vizekanzler bekommt sie mit Philipp Rösler.

Von einer "schonungslosen Aussprache" ist die Rede. Und der Rummel im Reichstagsgebäude ist groß. Kameras bedrängen Rösler, der der neue starke Mann in der FDP werden soll. Etwas sagen oder sich gratulieren lassen will er noch nicht. Aber gegen erste Umarmungen kann er sich vor Beginn der Sitzung mit dem Bundesvorstand der Partei und den Mitgliedern der Bundestags-Fraktion nicht wehren. Anschließend soll es eine Stellungnahme geben.

Gesundheitsminister wird Rösler aber zunächst weiter bleiben. Offiziell bestätigt ist es zwar noch nicht, aber vieles deutet darauf hin, dass der große Kampf Alt gegen Jung entweder ausgeblieben oder aber entschieden worden ist - zugunsten von Rainer Brüderle.

Um 14.10 Uhr sickert aus der Sitzung des FDP-Präsidiums mit den liberalen Landeschefs das durch, was eigentlich klar war: Philipp Rösler wird sich im Mai um den FDP-Vorsitz auf dem Parteitag bewerben. Wird er in Rostock gewählt, wäre er der 13. Parteivorsitzende seit Gründung der FDP. Als Präsidiumsmitglied ist er bereits seit 2005 mitverantwortlich für den Kurs der Partei. In Niedersachsen war er Fraktionschef, Landesvorsitzender und Wirtschaftsminister, ehe er Ende 2009 ins Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wechselte.

Um 12.30 Uhr geht es in der FDP offiziell los. Und der der eigentlich auch zu diesem Zeitpunkt schon als neuer starker Mann der FDP ausgemacht war, versucht es erstmal auf Umwegen. Denn Philipp Rösler will den riesigen Pulk von Kameras umgehen und durch einen Seiteneingang in den Sitzungssaal gelangen. Dumm nur, dass diese Tür verschlossen ist. Und so muss Rösler dann doch vorbei an Fotografen, Kamerateams und Journalisten. Er schafft es kommentarlos.

Im Reichstagsgebäude kommt das Präsidium mit den Landesvorsitzenden zusammen. Es sieht zwar nicht nach einem Sturz Brüderles und schon gar nicht nach einem Sturz Westerwelles vom Amt des Außenministers aus. Aber die Gefechtslage bleibt undeutlich. Immer wieder melden sich Liberale aus der zweiten und dritten Reihe, die einen Amtsverzicht Brüderles fordern. Und es melden sich auch die aus der zweiten und dritten Reihe, die einen Verbleib des Rheinland-Pfälzers verlangen. Und das Lager um Philipp Rösler weiß, was das heißt: Der Neue kann direkt mit einer Niederlage in sein neues Amt starten. Zwar ist unklar, ob Rösler wirklich das Wirtschaftsministerium zur Bedingung für seine Amtsübernahme gemacht hat, aber logisch wäre es. Denn als Gesundheitsminister wird er keine Popularitätspunkte sammeln und kein Leib-und-Magen-Thema der FDP besetzen. Noch aber ist der Tag jung.

Auch in der Union rutscht man allmählich unruhig auf den Stühlen hin und her. Nach außen versucht man es zwar mit Gelassenheit, aber CDU/CSU würden schon ganz gern wissen, mit wem sie es denn demnächst zu tun haben. Und vor allem, wie sich der Neue beim Koalitionspartner profilieren will. Auf jeden Fall, so die Union, nicht auf ihre Kosten. “Die Koalition muss eine Erfolgsgemeinschaft sein“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier (CDU) am Dienstag. Er hoffe, dass sich die FDP rasch stabilisiere. Dies sei für die gesamte Koalition wichtig. “Je gefestigter die FDP insgesamt ist, desto mehr Kraft wird sie haben für die notwendigen Kompromisse in der Koalition“.

Schon am Montagabend formierten sich die Reihen in der FDP vor dem Showdown. Der Fraktionsvorstand der FDP sprach dem Vernehmen nach der 45-jährigen Homburger das Vertrauen aus. Man werde sich von außen keine Veränderungen aufdrängen lassen, hieß es. Man könnte das auch als Kampfansage verstehen - frei nach dem Motto: Freiwillig geht hier keiner.

Am Dienstagmorgen bekräftigte das dann auch einer aus der Fraktion: FDP-Schatzmeister Hermann Otto Solms. Der gehört auch zu den Enttäuschten in der FDP, weil er wider Erwarten nicht Finanzminister wurde. Im ZDF sagte er, Homburger mache einen „sehr guten Job“. Der nächste reguläre Wahltermin für die Fraktionsspitze ist erst im Oktober.

Auch Rainer Brüderle hatte heute bereits seinen ersten Auftritt - im Dorint Hotel in der Budapester Straße in Berlin. Wirklich ausgeschlafen wirkte er jedoch nicht. Nur langsam kommt er bei seiner Rede in Gang. Er spricht über Opel und Karstadt. Bei beiden Themen hat er sich als strenger Ordnungspolitiker inszeniert, der für die Grundfeste der FDP einsteht. Applaus gibt es dafür und das macht ihn munter. Er spricht nun schneller, kämpferischer - nach dem Motto: Seht her, ich kann noch und mich braucht man noch. Das Wort Atomkraft nimmt er nicht in den Mund. Merkt aber an, dass man eine Energiewende benötige. Und seine eigene Zukunft? Die lässt er unerwähnt. Erst auf Nachfrage sagt er verschmitzt lächelnd: "Ich bin stabil." (Mitarbeit: Miriam Schröder)

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