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Entwicklungshilfe: Kritik an Hilfe für Äthiopien

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Günter Nooke kritisert, dass Deutschland ohne weitere Forderungen "beträchtliche Summen in der Entwicklungshilfe investiert". Er will die Unterstützung an Bedingungen knüpfen.

Berlin - Eigentlich wäre die Aussprache über die Regierungserklärung von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) zur Entwicklungspolitik in der Finanzkrise am Donnerstag im Bundestag eine gute Gelegenheit gewesen, um den Fall Äthiopien zu debattieren. Wie berichtet hat Äthiopien Ende Dezember Oppositionsführerin Birtukan Mideksa von der Partei für Demokratie und Gerechtigkeit (UDJ) unter fadenscheinigen Anschuldigungen verhaftet. Seither sitzt sie ihre schon 2005 nach den umstrittenen Parlamentswahlen verhängte lebenslange Haftstrafe ab. Zudem hat das äthiopische Parlament am 6. Januar ein Gesetz verabschiedet, das die Arbeitsmöglichkeiten von Nichtregierungsorganisationen stark einschränkt. Heidemarie Wieczorek-Zeul hatte daraufhin einen Protestbrief an Premierminister Meles Zenawi geschrieben.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung Günter Nooke (CDU) sagte dem Tagesspiegel: „Mich hat es schon verwundert, wie moderat die internationale Reaktion auf die Verhaftung der äthiopischen Oppositionsführerin und die neue restriktive NGO-Gesetzgebung ausgefallen ist.“ Nooke kritisiert, dass die Zivilgesellschaft in Äthiopien „unterdrückt wird“, und Deutschland ohne weitere Forderungen „beträchtliche Summen in der Entwicklungshilfe investiert“. Aus seiner Sicht wäre eine Diskussion darüber, „unter welchen Bedingungen man einem solchen Land so viel Geld gibt, notwendig“. Ihn stört besonders, dass die westliche Gebergemeinschaft und speziell Deutschland „als erpressbar erscheint“. Der Mangel an Rechtsstaatlichkeit und die Verengung der Möglichkeiten zur Beteiligung „darf so nicht akzeptiert werden“.

Der erste Botschaftsrat der äthiopischen Botschaft in Berlin, Eshete Tilahun, sagte dem Tagesspiegel, die Kritik „reflektiere teilweise nicht die Wirklichkeit“. Er warf der Opposition vor, nach den Wahlen 2005 zu Gewalt aufgerufen zu haben. Zudem habe sie die Autorität des „Justizsystems und der Wahlkommission untergraben“, weil sie deren Angaben nicht geglaubt habe. Deshalb sei es gerechtfertigt, dass die Oppositionspolitiker einschließlich Birtukan Mideksa wegen des Aufrufs zu nicht genehmigten Demonstrationen zu lebenslanger Haft verurteilt worden seien. Mitte 2007 hat die Regierung einen Teil der Oppositionellen aus dem Gefängnis entlassen, nachdem diese eine Unterwerfungserklärung unterzeichnet und, nach Auskunft von Eshete Tilahun, öffentlich verlesen hatten. Nachdem Birtukan Mideksa bei ihrer Europareise im Herbst 2008 darauf hingewiesen hatte, dass dies ein Ergebnis von Verhandlungen mit Ältesten gewesen sei und sie persönlich nie um eine Begnadigung gebeten habe, sah die Regierung die Bedingungen für ihre Freilassung verletzt und ließ sie wieder verhaften – ohne weiteres Gerichtsverfahren. Zum NGO-Gesetz sagt der Botschaftsrat, die Organisationen könnten ihre konkreten Dienstleistungen weiter anbieten. „Dafür brauchen sie auch nicht viel Geld.“ Doch müssten sie ihre Lobbyarbeit, etwa für eine Gleichstellung von Frauen, einstellen. Denn „dies ist ein Job für die Regierung“. Dagmar Dehmer

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