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Erbschaftsteuer: Bayerischer Milliardenpoker

CDU-Ministerpräsidenten bangen um die Erbschaftsteuer – doch die CSU gibt sich ungerührt. Und Horst Seehofer argumentiert auch noch mit der Finanzkrise.

Berlin - Um rein inhaltliche Details geht es in diesem Koalitionsstreit schon lange nicht mehr. Es geht um die Frage, wer noch die Interessen von Familie und Mittelstand vertritt. Es geht um die Unterstellung, dass Reiche ungebührlich geschont oder Eigentum rigoros umverteilt werden soll. Es geht um Gesichtswahrung und Kraftmeierei, um politischen Trotz, um Revanche auch für fehlende Hilfestellung nach einer verlorenen Landtagswahl.

Und es geht ums Ganze. Denn wenn sich Union und SPD bis Ende 2008 nicht auf eine Neuregelung der Erbschaftsteuer verständigen, könnte es sein, dass sie im nächsten Jahr ganz wegfällt und die Länder bei Nachlässen künftig leer ausgehen. Eine Sorge, die etwa den Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Christian Wulff (CDU), umtreibt. „Wir können auf die Erbschaftsteuer nicht verzichten“, beschwor er die Schwesterpartei nach dem Streitwochenende aufs Eindringlichste. „Den Umfang von vier Milliarden Euro brauchen die Länder.“

Das weiß auch die CSU, die schon mal gefordert hat, das Minus dann auf andere Weise, etwa über die Einkommensteuer, hereinzuholen. Inzwischen pokern die Christsozialen offen und, wie es scheint, sogar genüsslich mit der Angst der andern. Es sei „schwer zu sagen“, ob es am Ende eine Einigung geben werde, meinte der designierte bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer am Montag ungerührt. Und Landesgruppenchef Peter Ramsauer betonte, dass man keineswegs unter Zeitdruck stehe. Statt wie geplant am 7. November könne der Bundesrat auch noch am 28. November über die Reform entscheiden.

In der CDU dagegen wächst die Nervosität. Die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs, für diese Woche angesetzt, musste schon abgesagt werden. Und die Schwesterpartei will immer noch Korrekturen. Ein weitergeführter Familienbetrieb müsse steuerfrei vererbt werden können, beharrte Seehofer am Montag. Dasselbe gelte für ein selbst bewohntes Haus – egal, ob es in München oder Brandenburg stehe. Mit einem „Kampf für Millionäre“ habe das nichts zu tun. Und Noch-Ministerpräsident Günther Beckstein stellte klar, dass man der Reform nur zustimme, wenn sie „eigentums-, familien- und mittelstandsfreundlich“ sei.

Will sagen, der bisherige Kompromiss ist das Gegenteil davon. Dabei habe die Union doch Wesentliches gegenüber der SPD durchgesetzt, erinnerte Wulff. Was richtig ist: Der Koalitionspartner zeigte sich bereit, die sogenannte „Haltefrist“ von Betrieben für eine Steuerbegünstigung um 85 Prozent von 15 auf zehn Jahre zu verkürzen. „Man sollte die Erfolge nicht kleinreden durch einen Streit, den es zu gewissen Punkten noch gibt“, so Wulff. Seehofer hingegen forderte, dass Betriebsvermögen bei Fortführung eines Unternehmens ganz steuerfrei gestellt werden müsse. Begründung: „Wir dürfen den Mittelstand angesichts der Finanzkrise jetzt nicht durch unzureichende Steuerregelungen verunsichern.“

Es werde weitere Verhandlungen geben, sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla am Montag nach einer Sitzung der Parteispitze. Und es könne sein, dass die Gespräche erst Ende Oktober fortgesetzt würden. Dann wird es richtig knapp – obwohl man nach Ansicht mancher doch schon so nah beisammen ist. In drei Stunden sei eine Einigung erreichbar, ist Baden-Württembergs Regierungschef Günther Oettinger überzeugt – allerdings: „bei gutem Willen aller Beteiligten“.

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