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Politik: Erdogans Kurdenpolitik stößt auf Kritik

Istanbul - Einen schlimmeren Vorwurf kann man einem türkischen Regierungspolitiker kaum machen: Demnächst werde Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auch noch mit dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan verhandeln, behauptet die Opposition in Ankara. Seit Erdogan vor zehn Tagen erstmals öffentlich von einem „Kurdenproblem“ sprach und Fehler der staatlichen Kurdenpolitik einräumte, laufen seine Gegner Sturm.

Istanbul - Einen schlimmeren Vorwurf kann man einem türkischen Regierungspolitiker kaum machen: Demnächst werde Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan auch noch mit dem inhaftierten PKK-Chef Abdullah Öcalan verhandeln, behauptet die Opposition in Ankara. Seit Erdogan vor zehn Tagen erstmals öffentlich von einem „Kurdenproblem“ sprach und Fehler der staatlichen Kurdenpolitik einräumte, laufen seine Gegner Sturm. Sie werfen ihm vor, mit seiner Initiative eine Terrororganisation besänftigen zu wollen. Auch die immer noch mächtige Armee ließ durchblicken, dass sie Erdogans Vorstoß missbilligt. An diesem Dienstag wollen die Militärs das Thema im Nationalen Sicherheitsrat zur Sprache bringen.

Das Kurdenproblem und der Terror der Rebellengruppe PKK seien zwei verschiedene Dinge, verteidigt sich Erdogan. Der Premier spricht den Kurden eine eigene „Unter-Identität“ zu, die ihre „Über-Identität“ als türkische Staatsbürger nicht berühre. Für solche Äußerungen wäre Erdogan vor wenigen Jahren noch ins Gefängnis gewandert.

Die PKK antwortete auf Erdogans Initiative mit einer bis zum 20. September befristeten Waffenruhe. Die Rebellen drohten jedoch indirekt mit einer Wiederaufnahme der Kämpfe. Oppositionschef Deniz Baykal kritisierte, Erdogan schade dem Kampf gegen den Terrorismus, weil er die PKK mit seinen Äußerungen aufwerte. Unterstützung erhält Erdogan dagegen von kurdischen Intellektuellen und Politikern, die in der Initiative des Premiers eine historische Gelegenheit zur Lösung der Kurdenfrage sehen. Auch ein Großteil der Medien spendet Erdogan Beifall. Noch nie sei das Kurdenproblem in einer solchen Offenheit diskutiert worden, lobte eine Zeitung.

Wichtiger als die Vorwürfe der Oppositionsführung ist für Erdogan die Haltung der Militärs. Die Generäle haben sich bisher mit öffentlichen Äußerungen zurückgehalten. Hinter vorgehaltener Hand deuteten sie jedoch an, dass sie Erdogans Vorstoß in der Kurdenpolitik für einen Fehler halten. Die Äußerungen des Ministerpräsidenten seien nicht abgesprochen gewesen, ließen sich die Generäle von türkischen Medien zitieren. Das Wort vom „Kurdenproblem“ könnte der PKK neuen Mut geben. Die EU dürfte sehr genau darauf achten, ob der Ministerpräsident an diesem Dienstag im Sicherheitsrat von den Militärs gezwungen wird, seine Haltung zu revidieren.

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