zum Hauptinhalt

Ermittlungen: Syrien unter Druck

Syrien ist nach UN-Ermittlungen an der Ermordung des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri vor acht Monaten maßgeblich beteiligt gewesen. Die USA, Großbritannien und Frankreich planen bereits Sanktionen.

New York/Damaskus/Beirut - Der UN- Sonderermittler und Berliner Oberstaatsanwalt Detlev Mehlis macht in einem am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlichten Bericht den syrischen Geheimdienst für den Bombenanschlag mitverantwortlich. Die Regierung in Damaskus und der Syrien-treue libanesische Präsident Émile Lahoud wiesen die Anschuldigungen am Freitag scharf zurück. Die Vereinten Nationen in New York stimmten nach libanesischen Angaben einer Verlängerung des Mandats für Mehlis' Ermittlungsteam bis zum 15. Dezember zu.

«Es gibt Grund zu der Annahme, dass die Entscheidung, den ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri zu ermorden, nicht ohne Billigung hochrangiger syrischer Sicherheitsbeamter und nicht ohne Absprache mit ihren Pendants bei den libanesischen Sicherheitskräften erfolgen konnte», heißt es in dem 54-seitigen Bericht. Durch die Detonation einer gewaltigen Autobombe waren nach dem Bericht am 14. Februar in Beirut neben Hariri 22 andere Menschen getötet worden. Bisher war von insgesamt 21 Toten die Rede. Mehlis bezeichnete die Art und Weise, wie nach Vermissten gesucht worden sei, als «unverantwortlich, unprofessionell und schlampig».

Die damalige libanesische Opposition, die inzwischen die Mehrheit im Parlament hat, hat für die Tat von Anfang an Syrien und die pro- syrischen Chefs der libanesischen Geheimdienste verantwortlich gemacht. Nach Vorlage des Berichts erneuerte sie ihre Forderung nach einem Rücktritt von Präsident Lahoud.

Die syrische Regierung wird von dem Sonderermittler beschuldigt, nur «in begrenztem Maße» mit ihm kooperiert zu haben. Mehrere syrische Zeugen und Verdächtige hätten versucht, die Ermittler zu täuschen. Der damalige Chef des syrischen Geheimdienstes in Libanon, General Rustum Ghassale, soll danach bereits seit Juli 2004 nach einem Weg gesucht hat, um Hariri durch ein Komplott politisch kaltzustellen. In Damaskus wird unter anderem General Asaf Schawkat, ein Schwager des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, zu den Tatverdächtigen gezählt.

Der syrische Informationsminister Mahdi Dachlalla bezeichnete Mehlis Bericht als «zu 100 Prozent politisch beeinflusst». «Es handelt es sich um eine politische Stellungnahme gegen Syrien, die sich auf für ihre Feindschaft zu Syrien bekannte Zeugen stützt», sagte er dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira. Lahoud bestritt entschieden, kurz vor dem Attentat mit einem Hauptverdächtigen telefoniert zu haben. Nach dem Bericht soll der Verdächtige Mahmud Abdel Al, damals die Nummer von Lahouds Mobiltelefon angewählt haben.

Der amerikanische UN-Botschafter John Bolton erklärte: «Auf den ersten Blick sieht das Ergebnis (von Mehlis) klar Besorgnis erregend aus. Das wird eine weitere Debatte von Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft erforderlich machen». Die USA, Großbritannien und Frankreich planen bereits die Isolierung Syriens, um das Land für die Jahrzehnte lange Intervention in Libanon sowie den Mordfall Hariri zur Verantwortung zu ziehen. Dafür soll möglicherweise schon am Dienstag ein Resolutionsentwurf im Sicherheitsrat eingebracht werden. Am selben Tag wird Mehlis dem höchsten UN-Gremium seine Ermittlungsergebnisse erläutern. (tso/dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false