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Peer Steinbrück konnte mit dem Namen des Erpressers wenig anfangen.

© dpa

Erpressung von Peer Steinbrück: Achtung vor dem Brief

Ein Anruf im Morgengrauen bei den Steinbrücks, eine Warnung des Erpressers, der den Brief nur aus Versehen abgeschickt habe. Doch die Hintergründe der Erpressung des Kanzlerkandidaten bleiben unklar.

Schon die Zeit für den Anruf war ungewöhnlich. Um 6.30 Uhr morgens klingelte es am Samstag vor einer Woche bei den Steinbrücks in Bonn, der Hausherr war schneller als seine Frau. Am anderen Ende der Leitung war ein Hermann Ude, mit dem Namen konnte der SPD-Kanzlerkandidat offenbar nicht viel anfangen. Der Anrufer warnte Peer Steinbrück vor einer Schmutzkampagne und erwähnte eine frühere Haushaltshilfe, die Ende der 90er Jahre ohne die nötige Sozialversicherung bei Steinbrücks gearbeitet habe. Steinbrück antwortete nur wenig, was den Anrufer zu verunsichern schien – danach war das Gespräch beendet.

Am späten Vormittag meldete sich der Mann erneut, dieses Mal sprach er mit der Ehefrau, die sich die gleiche Geschichte anhörte. Gertrud Steinbrück kannte ihn, sie hatte seine Kinder auf dem Gymnasium unterrichtet. Dass er selbst der Schreiber des Briefes ist, der im Hause Steinbrück und an diesem Morgen auch in der Öffentlichkeit einige Aufregung auslöste, weil die „Bild“ über die Erpressung berichtete, sagte er nicht. Nach Informationen des Tagesspiegels hatte Ude schon am Vorabend mehrfach versucht anzurufen – wohl in Panik, da er gehört hatte, dass die „Bild“ in der Sache recherchiere.

Der Erpresserbrief an Peer Steinbrück beschäftigt die Bonner Staatsanwaltschaft

Noch am Samstag nahm Ude dann Kontakt zum Strafverteidiger Hanns Feigen auf, dem er die ganze Geschichte erzählte. Demnach hat Ude jenen Erpresserbrief geschrieben, der durch die „Bild“ öffentlich wurde und der die Bonner Staatsanwaltschaft beschäftigt, die wegen des Verdachts der versuchten Nötigung ermittelt. Feigen riet seinem Mandanten, sich den Ermittlern zu offenbaren, Ude folgte dem Rat. Seither steht er als Beschuldigter in den Akten, der versucht hat, Steinbrück wegen angeblich nicht gezahlter Sozialversicherungsbeiträge zum Rückzug von der Kanzlerkandidatur zu bewegen.

Was genau Ude zu dem Brief motiviert hat, den er angeblich gar nicht abschicken wollte, ist unklar. Offiziell angegeben hat er als Motiv Verärgerung über Steinbrücks Äußerungen zur Ausbeutung von Geringverdienern – wo er doch zu wissen glaubte, dass dieser selbst in den 90er Jahren eine Haushaltshilfe schwarz beschäftigte. Diese Geschichte hatte er sich aus Andeutungen seiner Haushaltshilfe zusammengereimt, die vor mehr als 20 Jahren bei Gertrud Steinbrücks Mutter und für wenige Wochen auch bei Steinbrücks gearbeitet hat. Sowohl die Haushaltshilfe als auch Steinbrücks weisen den Verdacht der Schwarzarbeit zurück.

Unklar, ob politische Motive hinter der Erpressung stecken

Offen ist, ob politische Motive hinter der Aktion stecken. Immerhin hat Ude vor Jahren das Vorstandsbüros von Postchef Klaus Zumwinkel geleitet, der 2008, als Steinbrück Finanzminister war, wegen massiver Steuerhinterziehung vor laufender Kamera verhaftet worden war und später zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden ist. Auffällig ist, dass in Unternehmerkreisen seit einiger Zeit gemunkelt wurde, kurz vor der Wahl werde Steinbrück politisch erledigt. „Da platzt noch eine Bombe“, wurde selbst in Berlin hinter vorgehaltener Hand erzählt. Obwohl Ude, der früher in der Jungen Union war, diese Zusammenhänge zurückweist, gehen die Ermittler auch solchen Spuren nach.

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