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Politik: „Erst mal müssen sie an uns vorbei“

Wie die slowakische Polizei illegale Einwanderer an der Grenze aufhält

Wenn die Dämmerung hereinbricht, röhren in Vysne Nemecke die Motoren. Hier, ganz im Osten der Slowakei, stehen sie sich gegenüber: Die illegalen Einwanderer – und Miroslav Uchnar. Polizist ist er, Chef der 800 Mann starken Grenzschutzgarde und Türsteher am östlichen Einfallstor nach Europa. Im kleinen Ort Vysne Nemecke ist die EU zu Ende, dahinter fängt die Ukraine an. Von hier rücken die slowakischen Streifenpolizisten aus, die nachts im unwegsamen Gelände entlang der Grenze auf Patrouille gehen. Mit einer imposanten Fahrzeugflotte, mit Nachtsichtgeräten und Satellitentechnik wollen sie die Grenze dicht halten.

„Die Illegalen kommen von überall her. Wir haben hier Russen, Moldawier, Inder und Pakistaner“, sagt Polizeichef Miroslav Uchnar. Elendsflüchtlinge sind die meisten, und die Europäische Union klingt in ihren Ohren nach Wohlstand oder zumindest nach einem etwas besseren Leben. Wenn im Dezember die Slowakei zum Schengen-Raum gehört, ist der Weg in die Slowakei für die Einwanderer aus dem Osten das entscheidende Ziel. Sind sie hier erst einmal über die Grenze gekommen, dann ist der Weg weiter in Richtung Westen frei. Keine Grenzkontrolle wird sie mehr aufhalten.

„Aber erst einmal“, sagt Miroslav Uchnar, „müssen sie hier an uns vorbei.“ Bislang war das eine recht einfache Aufgabe: Zwar misst die Grenze zwischen der Slowakei und der Ukraine gerade einmal 97,9 Kilometer, das Terrain gilt aber als schwierigster Grenzstreifen im Osten der EU. Berge und Wälder, Felsen und Flüsse erstrecken sich zwischen den Ländern. Leichtes Spiel hatten die illegalen Grenzgänger, weil die technische Ausrüstung der Polizei hoffnungslos veraltet war.

Die Zeiten haben sich geändert. Miroslav Uchnar ist es, der die Aufrüstungsoffensive koordiniert. „Wir haben vier Verteidigungslinien aufgebaut“, sagt er – von der einfachen Passkontrolle über die Schleierfahndung im Hinterland bis hin zu den Beobachtungstürmen mitten in der ostslowakischen Landschaft. „Selbst wenn es jemand schafft, durch den Wald über die Grenze zu kommen“, sagt Uchnar, „muss er da irgendwann wieder raus. Und in dem Moment packen wir ihn!“

Mehr als 30 Millionen Euro haben die Slowakei und die EU in den zurückliegenden Monaten investiert. 60 neue Geländewagen sind entlang der grünen Grenze im Einsatz, dazu ein gutes Dutzend Cross- Motorräder und im Winter eine Armada von Motorschlitten. An den Grenzübergängen muss jeder Lastwagen auf einen Scanner fahren, der mit Magnetwellen-Technik nach Flüchtlingen in den Hohlräumen der Fahrzeuge fahndet. Und gerade erst wurde das aufwendigste Projekt überhaupt gestartet: Die Kamerakette, mit der Uchnar und seine Leute die grüne Grenze überwachen. Entlang einer eigens geschlagenen Schneise haben sie alle paar hundert Meter einen Mast aufgestellt, der tagsüber Videos und nachts Infrarotaufnahmen an die Zentrale sendet. Dort werden die Bilder ausgewertet. Flachbildschirme zeigen das Geschehen entlang der Grenze, per Satellitennavigation wird der Standort der Streifenfahrzeuge auf einer virtuellen Karte angezeigt. Sobald irgendwo ein Verdächtiger auftaucht, schlägt der Computer von alleine Alarm. „Nach höchstens sechs Minuten ist eine unserer Patrouillen an jeder beliebigen Stelle entlang der Grenze“, sagt Stefan Novotny, der die schnelle Einsatztruppe vom Bildschirm aus koordiniert.

Solche Hightech-Rekorde sammeln sie gerne hier im Osten der Slowakei. „Wir wollen der Welt zeigen, dass wir keine zweit- oder drittklassigen Polizisten sind“, sagt Miroslav Uchnar.

Kilian Kirchgeßner[Vysne Nemecke]

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