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Männliche Kita-Erzieher sind in Deutschland immer noch eine seltene Ausnahme.

© dpa / picture alliance

Erzieher: Warum in Kitas kaum Männer arbeiten

In deutschen Kitas herrscht Personalnot. Schulabgänger und Quereinsteiger könnten die Lücke füllen, doch der Anteil männlicher Erzieher ist immer noch winzig. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Erziehung ist längst keine reine Frauensache mehr. Windeln wechseln, Kinderlieder singen oder Tränen trocknen – immer mehr Männer nehmen sich Zeit für ihr Kind. Was in der Familie oft klappt, funktioniert im Kindergarten jedoch selten. Nach Angaben der vom Familienministerium ins Leben gerufenen Koordinationsstelle „Männer in Kitas“ waren im Jahr 2011 nur 2,9 Prozent der Erzieher männlich. Das entspricht einem Anstieg von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zu wenig, kritisieren Gewerkschaften und Opposition. Die Hürden für Männer, im Kindergarten zu arbeiten, seien zu hoch. Dabei ist die Personalnot in deutschen Kitas ein Jahr vor Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf einen Krippenplatz für unter Dreijährige groß.

„Wir brauchen eine grundsätzliche Aufwertung des Erzieherberufs, mit einem höheren Niveau der Ausbildung und besserer Bezahlung“, fordert Katja Dörner, familienpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Der Anteil männlicher Erzieher habe sich trotz des Sonderprogramms nur unwesentlich verändert. Die Regierung müsse sich stärker für die Erhöhung der Männerquote einsetzen, so Dörner. Das Projekt „Männer in Kitas“ könne bestenfalls ein erster Schritt sein.

Das Bundesfamilienministerium verteidigt indes die Initiative. „Unsere Politik wirkt“, heißt es dort. Es gelinge immer mehr, Männer und Jungen für die frühkindliche Pädagogik zu interessieren. „Die Zahlen zeigen, dass Bewegung in die Geschlechterverteilung des Personals in Kindertageseinrichtungen kommt.“

Bund und Europäischer Sozialfonds (ESF) hatten 2010 insgesamt 15,4 Millionen Euro für das Programm „Männer in Kitas“ bereitgestellt. Mit 16 Modellprojekten an 1300 Kitas in 13 Bundesländern soll bis Ende 2013 die Quote der Männer „deutlich erhöht werden“. Teil des Programms sind Projekte wie InfoBusse, Schüler-Praktika, Schnuppertage, Freiwilligendienste, Mentorenprogramme, Runde Tische oder eine Studie.

Eine Ursache für den Männermangel ist schlechte Bezahlung

Nach knapp zwei Jahren sei der Erfolg überschaubar, bilanziert Norbert Hocke, Kitaexperte der Bildungsgewerkschaft GEW. Zwar sei das Bemühen zu erkennen, das Problem zu thematisieren, sinnvoller wäre es aber gewesen, die Millionen direkt in Personal und Rahmenbedingungen zu investieren. Die Ursachen für den Männermangel seien weiterhin eine bis zu fünf Jahre dauernde Ausbildung und die schlechte Bezahlung. Etwa 2200 Euro Brutto erhält ein Berufsanfänger in einer Vollzeitstelle. Solche Stellen gibt es jedoch selten.

Sönke Rix, SPD-Bundestagsabgeordneter und ausgebildeter Erzieher, kennt die Probleme. Es fehle an Aufstiegschancen, Vollzeitstellen und Hochschulausbildung, ergänzt er. „Wichtig wäre eine bundesweite Fachkräfteoffensive, an der sich die Bundesagentur für Arbeit, die Gewerkschaften und Berufsverbände beteiligen.“ Bislang wolle Familienministerin Kristina Schröder einen solchen Krippengipfel jedoch „partout nicht einberufen“, kritisiert Rix. Laut einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes fehlen in Deutschland 20 000 Erzieher. Männer könnten zumindest einen Teil der Lücke füllen, sagt die stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Ingrid Sehrbrock.

Doch oft scheitert das schon an banalen Hürden wie fehlenden Herrentoiletten, sagt Jens Krabel, Projektleiter der Koordinationsstelle „Männer in Kitas“. In vielen Gesprächsrunden versucht er, sowohl bei Kita-Trägern, aber auch bei Eltern ein Bewusstsein für die vielschichtigen Probleme zu schaffen. So fürchteten einige Eltern sexuelle Übergriffe auf ihre Kinder, was wiederum Erzieher in ihrer Arbeit verunsichere. Krabel sieht die absoluten Zahlen dennoch als Erfolg: Im vergangenen Jahr begannen 1309 Männer ihre Arbeit in einer Kita. Tatsächlich hätten mindestens doppelt so viele Lust gehabt, den Beruf zu er- greifen. Allein bei der Koordinationsstelle gingen 2011 knapp 1100 Anfragen von interessierten Quereinsteigern ein. Doch dann hören sie von der langen Ausbildung, der schlechten Bezahlung.

Ein Bundesland mit Beispielcharakter ist Hamburg. Die Hansestadt führte im Jahr 2011 die Liste der Länder mit dem höchsten Männeranteil in Kitas an. Er liegt bei 8,6 Prozent, das sind zwei Prozentpunkte mehr als in Berlin. Mit einer Plakataktion umwirbt Hamburg gezielt Schulabgänger und Quereinsteiger. Der Slogan: „Vielfalt Mann – Sei alles, werde Erzieher!“

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