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Politik: EU bekommt eigenen Außenminister

Konvent will offenbar bisherige Doppelstruktur aufgeben

Brüssel (jh/HB). Die Europäische Union soll nach dem Willen des EUReformkonvents einen eigenen Außenminister bekommen. Die Aufgaben des Hohen Repräsentanten der EU, die derzeit der Spanier Javier Solana ausübt, und die des Außenkommissars, derzeit Chris Patten, sollen künftig von einer Person wahrgenommen werden. Dies sagten am Donnerstag der EU-Regionalkommissar Michel Barnier und andere Teilnehmer der Arbeitsgruppe Außenpolitik des EU-Konvents im Gespräch mit dem „Handelsblatt“.

„Die Öffentlichkeit wird vom EU-Außenminister sprechen“, hieß es. Da die Mehrheit der EU-Regierungen aber nicht bereit ist, diesen Titel auf europäischer Ebene zu vergeben, wird offiziell vom „Außenpolitischen Vertreter der EU“ oder vom „Foreign Secretary of the EU“ die Rede sein. Der Belgier Jean-Luc Dehaene, Vizepräsident des Konvents und Vorsitzender der Arbeitsgruppe, wird vermutlich in der kommenden Woche den Bericht der Gruppe vorlegen. Der Konvent soll Mitte 2003 den Entwurf einer EU-Verfassung vorlegen.

Der neue EU-Außenminister wird Vertreter des Rates sein und in der Kommission als deren Vize-Präsident wirken. „Die europäische Außenpolitik wird einen großen Schritt nach vorne gehen", sagte Dehaene. Allein Frankreich und England haben noch Probleme mit dem Modell. Barnier ist aber sicher, dass die Regierung Blair einlenken wird. Dann wäre Frankreich isoliert. Paris fordert – mit schwindendem Druck –, der EU-Außenpolitiker solle direkt dem Präsidenten der Regierungschefs unterstellt werden.

Umstritten ist in der Gruppe auch, die in wenigen Tagen ihre Arbeit abschließen wird, ob die außenpolitischen Apparate von Ministerrat und Kommission verschmolzen oder nur eng miteinander vernetzt werden. EU-Kommissar Michel Barnier befürwortet eine Konzentration in der EU-Behörde. Deutschland und andere EU-Staaten sind jedoch nicht bereit, dies anzugehen.

Die Effizienz der EU-Außenpolitik leidet seit Jahren unter ihrer Doppelstruktur. Die Solana und Patten zuarbeitenden Apparate haben – abgesehen von ihrer Kooperation auf dem Balkan – kaum zusammengefunden. Ob sich dies künftig ändern wird, ist offen. Angesichts der Widerstände mehrerer Mitgliedstaaten gegen eine Konzentration der Außenpolitik in der EU-Kommission, zeichnet sich keine umfassende Verschmelzung ab. Die Arbeitsgruppe spricht daher nicht von einer Fusion, sondern vom „Doppelhut" des neuen EU-Außenminister.

Barnier strebt außerdem eine Aufwertung der EU-Sicherheitspolitik an. Der Leiter der Gruppe Verteidigungspolitik im Konvent will beim Ministerrat einen EU-Vertreter für Verteidigungspolitik einrichten. Die bisherige EU-Aufgabe der Friedenssicherung will er um einen „Solidaritätspakt" ergänzen, in dem sich die EU-Staaten für den Fall von Terrorangriffen zur gegenseitigen militärischen Hilfe verpflichten. „Wir wollen aber keinesfalls eine Konkurrenz zur Nato aufbauen", sagte er.

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