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Politik: EU-Erweiterung: Verheugen kritisiert politischen Stillstand in der Türkei - Der EU-Kommissar fordert die Regierung in Ankara zu Reformen auf

Die Zeit drängt. Innerhalb weniger Monate muss Ankara jetzt in Sachen Europa Farbe bekennen: "Bis Ende September will die EU von der Türkei klipp und klar hören, wie die politischen Reformen verwirklicht werden sollen", sagte ein türkischer Regierungsvertreter am Rande des Besuchs von EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen in der türkischen Hauptstadt.

Die Zeit drängt. Innerhalb weniger Monate muss Ankara jetzt in Sachen Europa Farbe bekennen: "Bis Ende September will die EU von der Türkei klipp und klar hören, wie die politischen Reformen verwirklicht werden sollen", sagte ein türkischer Regierungsvertreter am Rande des Besuchs von EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen in der türkischen Hauptstadt. Verheugen machte in seinen Gesprächen deutlich, dass sich die Türkei europapolitisches Nichtstun wie in den vergangenen Monaten nicht mehr lange leisten kann; in Ankara herrsche "politischer Stillstand".

Vor allem in sensiblen Bereichen wie den Menschenrechten, bei denen sich die Türkei vor Entscheidungen herumgedrückt hat, müsse etwas geschehen. Die Europäer erwarteten den politischen Willen und die Entschlossenheit der Türken, gegen Menschenrechtsverletzungen vorzugehen. "Wir treten in eine sehr wichtige Phase ein", sagte Verheugen. Die nächsten zwei bis drei Monaten werden nach seinen Worten zeigen, die Türkei auf EU-Kurs bleibt, oder ob es "Verzögerungen" geben wird.

"Der Tag der Abrechnung ist nah", meint auch der prominente türkische Journalist Mehmet Ali Birand. Seit der Anerkennung der Türkei als EU-Beitrittskandidat im vergangenen Jahr schleicht die Regierung von Ministerpräsident Bülent Ecevit um die Kernprobleme herum wie die Katze um den heißen Brei. Doch im Herbst will Brüssel in einem Dokument zur "Beitrittspartnerschaft" festhalten, was die Türkei tun muss, um die politischen, wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen Europa-Kriterien zu erfüllen. Kurz darauf soll die Türkei selbst einen Fahrplan für die Umsetzung der geforderten Reformen vorlegen. Das setzt die Regierung unter gehörigen Zeitdruck, zumal sich die Koalition über das Ausmaß der Zugeständnisse an Europa überhaupt noch nicht einig ist.

Im Gespräch mit Verheugen gaben sich die türkischen Regierungspolitiker zwar Mühe, ihren Reformwillen zu bekunden. Die EU-Mitgliedschaft sei das "wichtigste Projekt" der Türkei, sagte der frisch gebackene Europa-Minister und frühere Ministerpräsident Mesut Yilmaz, der sich mit Verheugen auf Deutsch unterhielt. Premier Ecevit selbst betonte fast trotzig, die Türkei werde die politischen und wirtschaftlichen Kriterien für den EU-Beitritt viel schneller erfüllen, als allgemein erwartet werde. Doch bisher gesteht Ecevits Regierung sich selbst und der Öffentlichkeit nicht ein, dass dies auf eine Neuordnung des türkischen Staates in wichtigen Bereichen hinauslaufen wird.

Seit der Anerkennung als EU-Beitrittskandidatin beim Gipfel von Helsinki im Dezember habe es auf dem Gebiet der Menschenrechte keine positiven Entwicklungen gegeben, sagte Verheugen. Mit der Zulassung der kurdischen Sprache, der Aufhebung des Ausnahmezustands im Kurdengebiet oder einer Amnestie für alle Häftlinge, die wegen so genannter Gedankenverbrechen hinter Gittern sitzen, könne Ankara seinen Reformwillen demonstrieren.

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