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Der Mutterschutz sollte auf 18 Monate ausgeweitet werden - doch das war den EU-Mitgliedstaaten zu viel.

© dpa

Keine Chance auf Einigung: EU-Kommission will Richtlinie zum Mutterschutz streichen

Die EU-Mitgliedstaaten und das EU-Parlament konnten sich nicht einigen: Jetzt wird der Gesetzentwurf über die Ausweitung des Mutterschutzes auf 18 Wochen gestrichen. Zuvor wird die EU-Kommission aber noch eine Ersatzregelung vorlegen, die eine größere Chance auf die Unterstützung durch die nationalen Regierungen haben soll. EurActiv Brüssel berichtet.

Die EU-Parlamentarier fordern für eine Ersatzregelung des Mutterschutzes verbindliches Recht – keine luftigeren Richtlinien, Mitteilungen oder Empfehlungen. Nach Angaben von EU-Beamten ist es zu früh für eine Voraussage, wie die neuen Regeln aussehen. Der Gesetzentwurf würde jedoch nicht gestrichen, bevor man über eine Strategie entschieden hat.

Es gebe "einen deutlichen Mangel an Unterstützung für die Fortsetzung des Dossiers" im Ministerrat, schrieb Frans Timmermans dem Parlamentspräsidenten Martin Schulz. Timmermans ist als erster Kommissionsvizepräsident für eine "bessere Rechtsetzung" zuständig.

Die Europaabgeordneten waren bereit, ihre Forderung nach 20 Wochen Mutterschutz bei voller Bezahlung zurückzunehmen – und auf sechs Wochen zu verringern. Doch aus der Sicht der Mitgliedsstaaten enthielten die Regeln zu viele Vorschriften und waren zu teuer.

Justizkommissarin Jourova unternahm einen letzten Vermittlungsversuch

In der vergangenen Woche traf die Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, Vera Jourova, die zuständigen EU-Minister, um in einem letzten Versuch den Gesetzentwurf zu retten. Doch nach EurActiv-Informationen gab es keine Möglichkeit für einen Kompromiss mit den Mitgliedsstaaten.

Im Dezember kündigte Timmermans an, die Richtlinie zum Mutterschutz von 2008 innerhalb von sechs Monaten streichen zu wollen, sollte es keinen Durchbruch in dem seit sieben Jahre dauernden Stillstand geben.

In seinem Brief an Schulz betonte Timmermans allerdings: "Die Kommission wird keine endgültige Entscheidung über einen Rückzug des Vorschlags von 2008 treffen, ohne Ideen für einen frischen Start zu präsentieren."

Die derzeitigen Regeln seien mehr als 20 Jahre alt, und das Haltbarkeitsdatum sei abgelaufen, sagte die Koordinatorin des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter der liberalen ALDE-Fraktion, Catherine Bearden. „Die Kommission muss sich einen überarbeiteten Gesetzvorschlag ausdenken, nicht nur hohle Worte. Ansonsten verwandeln sich ihre Ideen für einen frischen Start in ein faules Ende für Familien in ganz Europa“, sagte Bearden.

Rat und Parlament diskutieren die meisten Gesetze der Europäischen Union, bevor es Verhandlungen zwischen den beiden Institutionen gibt. Diese Verhandlungen müssen in einem wortgleichen Gesetzentwurf enden, den Rat und Parlament stützen. Erst dann kann es ein Gesetz geben. 80 Gesetzentwürfe befinden sich in der Schwebe. Es besteht nur wenig Hoffnung, dass sie tatsächlich zu einem Gesetz werden. Unter der Federführung von Timmermans wurden sie im Dezember einer Prüfung unterzogen, nach der man entschied, sie zu streichen.

Am 3. Oktober 2008 schlug die Kommission eine Verlängerung des vorgeschriebenen Mutterschutzes auf 18 Wochen vor. Sechs davon sollten gleich nach der Geburt genommen werden. Den Mitgliedsstaaten empfahl die Kommission, während dieser Zeit das volle Gehalt zu zahlen – obwohl die Kommission das nicht hätte durchsetzen können.

Der Parlamentsausschuss für die Frauenrechte unterstützte einen Bericht der sozialistischen portugiesischen Abgeordneten Edite Estrela. Sie forderte die Anhebung des minimalen Mutterschutzes auf 20 Wochen. Doch der Ministerrat sei so sehr gegen den Plan, dass der Gesetzentwurf niemals die erste Lesung schaffte, schrieb Timmermans in seinem Brief an Schulz.

"Es gibt keine Aussicht auf eine Einigung", entschieden Beamte aus Lettland, das gerade die sechsmonatige Ratspräsidentschaft innehat, nach einem Treffen vom 15. April. Timmermans lobte die belgische Sozialistin Maria Arena, die im Parlament für den Gesetzentwurf zuständig ist, und die parlamentarischen Unterhändler für ihre Bereitschaft, einen "ausgeglichenen Kompromiss" mit dem Rat zu finden.

"Wir hätten jedes Zeichen sehr begrüßt, das das zu einer Einigung bei diesem wichtigen Dossier führt", so Timmermans. "Die Kommission teilt die Enttäuschung des Parlaments wegen des mangelnden Fortschritts, aber sie setzt sich für eine Verbesserung der Situation arbeitender Eltern ein." Übersetzt von Alexander Bölle.

Erschienen bei EurActiv. Der Tagesspiegel und das europapolitische Onlinemagazin EurActiv kooperieren miteinander.

James Crisp

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