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Politik: EU-Länder nur im Streit vereint

Krach zwischen Deutschen und Polen beim Verfassungsgipfel in Berlin: Wer bekommt wie viele Stimmen?

Berlin. Ein Scheitern des EU-Verfassungsgipfels in Brüssel wird immer wahrscheinlicher. Nach einer Begegnung zwischen Kanzler Gerhard Schröder, Außenminister Joschka Fischer und Polens Präsident Aleksander Kwasniewski am Donnerstag in Berlin berichteten Beobachter aus dem Umfeld der Teilnehmer, das Gespräch sei eine „absolute Katastrophe“ gewesen. In dem Gespräch war es um die künftige Stimmengewichtung in der EU gegangen. Warschau möchte am gegenwärtigen Abstimmungssystem festhalten, das Polen mehr Einfluss zusichert.

Die Positionen Deutschlands und Polens hätten sich bei dem Treffen in Berlin als derart unvereinbar erwiesen, dass die deutsche Seite inzwischen von einem Scheitern des EU-Gipfels am Freitag und Samstag in Brüssel ausgehe, hieß es. Beim EU-Gipfel soll die künftige europäische Verfassung verabschiedet werden. Bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Jacques Chirac hatte Schröder am Dienstag noch einmal bekräftigt, dass er im Streit um die Stimmengewichtung nicht nachgeben will. Deutschland hält an der so genannten „doppelten Mehrheit“ fest. Nach diesem Abstimmungsmodus wird in den EU-Ministerräten die Mehrheit von 13 der 25 Mitgliedstaaten benötigt, die gleichzeitig 60 Prozent der Bevölkerung in der Europäischen Union vertreten müssen. Dies lehnt Polen ab.

Das Gespräch zwischen Schröder und Kwasniewski am Donnerstag in Berlin sei „hart am Rande des Affronts“ gewesen, hieß es anschließend. Den Angaben zufolge habe Fischer Kwasniewski vorgeworfen, dass sich Polen für den Ausbau spanischer Autobahnen verkämpfen würde. Ähnlich wie Polen lehnt Spanien den Abstimmungsmodus der „doppelten Mehrheit“ ab. Kwasniewski, der in Berlin auch mit Bundespräsident Johannes Rau zusammentraf, warf anschließend Deutschland vor, sehr an der eigenen Position zu hängen. In Brüssel wurde ebenfalls nicht ausgeschlossen, dass die zentralen Machtfragen beim EU-Gipfel auf das kommende Jahr vertagt werden. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi erklärte in Brüssel, eine Verschiebung „wäre eine Möglichkeit“.

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