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Nach dem Willen der EVP-Fraktion im Europaparlament soll noch in diesem Frühjahr im Europaparlament ein Beschluss über ein EU-weites Fluggastdatensystem gefasst werden.

© dpa

Nach den Anschlägen in Paris: EU-Parlament will erneut über Fluggastdaten diskutieren

Bislang blockieren Sozialdemokraten, Liberale und Grüne im Europaparlament eine Einführung eines europaweiten Fluggastdatensystems. Doch nach den Anschlägen von Paris kommt das Thema wieder auf die Brüsseler Agenda.

Nach den Anschlägen von Paris kommt in Brüssel Bewegung in die Debatte um die Einführung einer EU-weiten Erfassung von Fluggastdaten. Der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, will Gespräche mit den anderen Fraktionen über die Einführung eines solchen Passagierdatensystems führen. „Diese Systeme haben sich im Anti-Terror-Kampf bewährt“, sagte der CSU-Politiker dem Tagesspiegel. Unter der Voraussetzung, dass „hohe Datenschutzstandards“ eingehalten würden, sei im Europaparlament eine Mehrheit für eine europaweite Einführung so genannter Passenger Name Records (PNR) vorhanden, sagte Weber weiter. Bislang blockieren Sozialdemokraten, Liberale und Grüne einen Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung eines EU-Fluggastdatensystems.

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, erklärte am Mittwoch, die Brüsseler Behörde wolle mit dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten "eine zügige Entscheidung" zur Einführung eines EU-Fluggastdatensystems herbeiführen. Gleichzeitig sagte Timmermans, die EU-Kommission sei bereit, auf die datenschutzrechtlichen Bedenken des Europaparlaments einzugehen. Laut einem Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2011 ist eine Speicherfrist von fünf Jahren für die Fluggastdaten vorgesehen.

Bislang verfügen mehr als ein Dutzend Mitgliedstaaten über Fluggastdatensysteme, bei denen Informationen über ein- und ausreisende Passagiere wie Kreditkartendaten, Reiserouten oder Kontaktdaten gespeichert werden. Kriminelle können die Erfassung ihrer Daten aber umgehen, wenn sie in einen Mitgliedstaat ohne PNR gelangen und anschließend innerhalb des Schengen-Raums, in dem es keine Grenzkontrollen gibt, weiterreisen.

Nach den Anschlägen von Paris hatten mehrere EU-Außenminister am vergangenen Montag vom EU-Parlament verlangt, den Widerstand gegen ein EU-weites Fluggastdatensystem aufzugeben. Neben dem belgischen Außenminister Didier Reynders und seinem britischen Amtskollegen Philip Hammond richtete auch der französische Chefdiplomat Laurent Fabius eine entsprechende Forderung an das EU-Parlament.

"Die EVP-Fraktion unterstützt den koordinierten Aufbau von Fluggastdaten-Systemen in der EU als eine der Antworten auf die Terroranschläge von Paris", sagte Fraktionschef Weber. „Ich kann mir gut vorstellen, gemeinsam mit dem Ministerrat binnen weniger Monate zu Ergebnissen zu kommen", sagte er weiter. Anfang Februar ist im Europaparlament ein Treffen mit Experten aus den EU-Mitgliedstaaten und der Kommission geplant, bei dem der Nutzen von PNR erörtert werden soll. Die EVP strebt ein beschleunigtes Abstimmungsverfahren an und will noch im Frühjahr einen Beschluss herbeiführen. Vor einer endgültigen Entscheidung wäre anschließend noch eine Einigung zwischen den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament nötig.

Die liberale Europaabgeordnete Sophie in't Veld will derweil Neuverhandlungen über ein europaweites PNR-System zur Terrorabwehr nicht ausschließen. "Wenn die Kommission einen neuen Vorschlag vorlegt, der unsere datenschutzrechtlichen Bedenken berücksichtigt, dann kann man darüber reden", sagte die niederländische Parlamentarierin dem Tagesspiegel.

EU-Koordinator de Kerchove schlägt Entschlüsselung von Kommunikation vor

Unterdessen veröffentlichte die Bürgerrechtsorganisation Statewatch ein Papier des Anti-Terror-Koordinators der EU, Gilles de Kerchove, zur Verbereitung auf ein Treffen der europäischen Innen- und Justizminister in der kommenden Woche in Riga. In dem Papier wird auch darauf eingegangen, dass seit den Enthüllungen des US-Whistleblowers Edward Snowden immer mehr Internet- und Telekommunikationsunternehmen Verschlüsselungssysteme anbieten, um die Kommunikation ihrer Kunden sicherer zu machen. In dem Papier regt Kerchove an, dass die EU-Kommission dazu aufgefordert werden solle, Möglichkeiten zur Entschlüsselung durch nationale Ermittlungsbehörden unter Wahrung der Grundrechte zu prüfen. Der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht kritisierte, mit dieser Forderung greife de Kerchove "in die Werkzeugkiste repressiver Regime wie China oder Bahrain". Wer IT-Dienste dazu verpflichten wolle, "sichere Kommunikation zu knacken, der hebelt die Grundrechte auf Datenschutz und Privatsphäre sowie das Kommunikationsgeheimnis endgültig aus", erklärte Albrecht.

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