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EU-Russland-Gipfel: Merkel verteidigt Demonstrationsrecht

Kanzlerin Merkel pocht darauf, dass die zum EU-Russland-Gipfel kommende Woche in Samara angekündigten Demonstrationen auch stattfinden können. Die russische Polizei hatte zuvor Organisatoren einer geplanten Protestkundgebung festgenommen.

Berlin/Moskau - Regierungssprecher Thomas Steg verwies auf das Versammlungs- und Demonstrationsrecht, das es auch in Russland gebe. "Wir gehen davon aus, dass sich kritische Stimmen artikulieren können müssen", sagte Steg. In der Wolgastadt Samara durchsuchte die Polizei mehrere Büros von Medien und Menschenrechtsgruppen, die den so genannten Marsch der Dissendenten gegen Präsident Wladimir Putin unterstützen.

In der Lokalredaktion der regierungskritischen Zeitung "Nowaja Gaseta" beschlagnahmten die Behörden mehrere Computer, wie die Agentur Interfax unter Berufung auf das Blatt meldete. Dadurch könne die Zeitung am kommenden Montag in Samara nicht erscheinen. Auch mehrere Bürgerrechtsgruppen wurden durchsucht. Menschenrechtler zeigten sich "äußerst beunruhigt" über das Vorgehen der Polizei.

Merkel und Barroso treffen Putin

Das Oppositionsbündnis "Das andere Russland" um den früheren Schachweltmeister Garri Kasparow hatte angekündigt, man werde trotz Verbots am Rande des Gipfels durch das Zentrum Samaras marschieren. Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wollen am 17. und 18. Mai in einer Residenz 200 Kilometer nordwestlich von Samara Putin treffen.

Die Polizei suchte bei der "Nowaja Gaseta" nach eigenen Angaben nach Raubkopien auf den Redaktionsrechnern. Einer Reporterin sei ohne Angabe von Gründen auch die Benutzung ihres persönlichen Laptops verboten worden, sagte der Chefredakteur Sergej Kurt-Adschijew. Seine Tochter hatte den Antrag für den so genannten Marsch der Dissendenten gestellt. Anschließend hätten die Steuerbehörden die Buchhaltung der Redaktion überprüft.

Putin-Gegner zum Militärdienst gezwungen

In der benachbarten Wolgastadt Togliatti verurteilte ein Gericht einen weiteren Organisator der Protestkundgebung zu sechs Monaten Gefängnis, da er gegen die Auflagen einer früheren Strafe verstoßen habe. Der junge Mann verbüßt eine anderthalbjährige Bewährungsstrafe wegen der Erstürmung eines Gebäudes der Präsidialverwaltung in Moskau durch Aktivisten der mittlerweile verbotenen Nationalbolschewisten. In den vergangenen Tagen hatten die Sicherheitskräfte der Region Samara ein Dutzend jugendliche Putin-Gegner inhaftiert oder zum Militärdienst gezwungen. Am Donnerstag waren drei aus Moskau angereiste Journalisten über mehrere Stunden von der Polizei festgehalten worden, um ihre Personalien festzustellen.

Im April hatten Sicherheitskräfte in Moskau und St. Petersburg nicht genehmigte Demonstrationszüge gewaltsam aufgelöst und hunderte Menschen vorübergehend festgenommen. Das Vorgehen der Polizei stieß im Westen auf scharfe Kritik. (tso/dpa)

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