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Über die Zukunft der Währungsunion wollen am Donnerstag und Freitag die Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel beraten.

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Euro-Krise: „Ich bin vorsichtig optimistisch“

Finnlands Regierungschef Jyrki Katainen ist zuversichtlich, dass Europas Staats- und Regierungschefs einen Ausweg aus der Euro-Krise finden. Er hält aber nichts von einem eigenen Budget für die Euro-Zone.

Herr Premierminister, am kommenden Donnerstag und Freitag wollen die Staats- und Regierungschefs der EU bei einem Gipfel einen Fahrplan zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion beschließen. Die Turbulenzen in der Euro-Zone haben etwas nachgelassen, seit der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, eine unbegrenzte Intervention an den Anleihemärkten angekündigt hat. Haben wir das Schlimmste in der Euro-Krise hinter uns, nachdem der Druck auf Spanien und Italien an den Finanzmärkten geringer geworden ist?

Die künftige Entwicklung lässt sich schwer voraussagen, aber ich bin vorsichtig optimistisch. Zumindest haben wir jetzt eine Karte, um aus dem Wald herauszufinden – aber wir sind noch keinesfalls draußen. Es ist jetzt entscheidend, dass wir die Reformen, die wir uns vorgenommen haben, auch tatsächlich umsetzen, sowohl auf der Ebene der Mitgliedstaaten als auch auf dem Niveau der Euro- Zone.

Hat der Reformeifer unter den Staats- und Regierungschefs der EU nachgelassen, weil sich die Märkte wieder etwas beruhigt haben?
Ich glaube nicht. Wir erneuern die Wirtschafts- und Währungsunion ja nicht, um die gegenwärtige Krise zu lösen, sondern um künftige Verwerfungen zu verhindern. Mich beunruhigt allerdings das Risiko neuer Spaltungen zwischen den EU-Mitgliedern. Wir müssen alle miteinander einig sein, welche Richtung wir einschlagen, bevor wir zu großen Sprüngen ansetzen. Meine Vision sieht so aus: Wir müssen den ursprünglichen Geist der Wirtschafts- und Währungsunion wiederherstellen. Das heißt, dass jeder Mitgliedstaat wettbewerbsfähig genug ist, um am Ende auch die Verantwortung für seinen eigenen Staatshaushalt zu übernehmen. Gleichzeitig muss die Euro-Zone in der Lage sein, Wachstum und Stabilität hervorzubringen. Ich werde eine weitere Integration der Euro-Zone unterstützen, sofern sie unter fairen Bedingungen für alle Mitglieder verläuft und die ursprüngliche Idee der Wirtschafts- und Währungsunion gestärkt wird.

Jyrki Katainen ist seit Juni 2011 Finnlands Ministerpräsident. Der 41-Jährige gehört der konservativen Nationalen Sammlungspartei an, deren Vorsitzender er 2004 wurde.
Jyrki Katainen ist seit Juni 2011 Finnlands Ministerpräsident. Der 41-Jährige gehört der konservativen Nationalen Sammlungspartei an, deren Vorsitzender er 2004 wurde.

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Wo sehen Sie den größten Reformbedarf in der Euro-Zone?
Die Mitgliedstaaten der Euro-Zone müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen, um Wachstum und Jobs zu schaffen. Das ist in erster Linie eine Aufgabe für jeden Mitgliedstaat. Gemeinsam können die Länder der Euro-Zone ein stabiles Umfeld schaffen, in dem Wachstum entstehen kann. Jetzt müssen wir erst einmal die Finanzmärkte stabilisieren und für die Krisenländer weiter den Zugang zu den Anleihemärkten gewährleisten, damit sie ihre Strukturreformen zu Ende bringen können.

Experten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gehen bis auf Weiteres von einer hohen Arbeitslosigkeit in den Krisenstaaten der Euro-Zone aus. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Sind staatliche anti-zyklische Investitionsprogramme ein gutes Rezept, um die Arbeitslosigkeit zu senken?
Wir werden noch eine längere Periode mit geringem Wachstum erleben. Wir haben es hier nicht nur mit einem vorübergehenden Problem im Wirtschaftszyklus zu tun, sondern vor allem mit einem Strukturproblem. Deshalb müssen wir den europäischen Binnenmarkt vervollständigen, die Glaubwürdigkeit unserer Volkswirtschaften wiederherstellen und Handelsabkommen mit Drittstaaten abschließen.

Was halten Sie von dem Vorschlag, ein eigenes Budget für die Euro-Zone einzurichten und so die Schockwirkungen der Krise in den besonders gebeutelten Ländern – vor allem im Süden der Euro-Zone – abzufedern?

Ein eigenes Budget für die Euro-Zone wäre kaum ein geeignetes Instrument, um dem Wirtschaftsabschwung zu begegnen. Wir sollten eher die zur Verfügung stehenden EU-Fonds nutzen, damit Strukturreformen schneller angegangen werden. Auf diesem Weg kann uns auch die Rückkehr zum Grundgedanken der ursprünglichen Wirtschafts- und Währungsunion gelingen – nämlich der Idee des Bail-out-Verbots, das eine Haftung für die Schulden anderer Mitgliedstaaten ausschließt.

Jyrki Katainen ist seit Juni 2011 Finnlands Ministerpräsident. Der 41-Jährige gehört der konservativen Nationalen Sammlungspartei an, deren Vorsitzender er 2004 wurde.

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