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Proteste gegen die Haushaltspläne der portugiesischen Regierung.

© dapd

Euro-Krise: Portugal kündigt drastische Sparmaßnahmen an

Die portugiesische Regierung muss massive Einsparungen im Haushalt vornehmen, um die Auflagen der EU zu erfüllen. Vor dem Parlamentsgebäude protestierten am Montag rund 2.000 Menschen gegen die Pläne. Aber nicht nur unter den Bürgern mehrt sich die Kritik.

Portugal hat am Montag weitreichende Steuererhöhungen und Einschnitte angekündigt, stößt dabei aber auf wachsenden Widerstand in der Bevölkerung. Finanzminister Vítor Gaspar sagte, die Befürchtungen seien verständlich, allerdings gebe es "keinen Handlungsspielraum".

Kurz zuvor hatte die Mitte-Rechts-Regierung den Haushaltsentwurf zur Debatte ins Parlament eingebracht. Vor dem Parlamentsgebäude versammelten sich unterdessen immer mehr Menschen, die den Rücktritt der Regierung forderten.

Der Haushalt für das kommende Jahr sieht die bislang schärfsten Steuererhöhungen im Rahmen des Sparprogramms vor, die sich für einen durchschnittlichen Arbeiter auf bis zu drei Monatsgehälter summieren können. Die Regierung will unter anderem die Einkommenssteuer erhöhen und zudem eine allgemeine Steuerzuschlagszahlung von vier Prozent des Brutto-Einkommens einführen. Der niedrigste Einkommensteuersatz soll von 11,5 auf 14,5 Prozent erhöht werden. Der Spitzensteuersatz wird nach diesen Plänen von 46,4 auf 48 Prozent heraufgesetzt und schon ab 80.000 Euro (bisher 153.000) pro Jahr erhoben werden. Ab dieser Grenze wird zudem weiterhin die Zahlung einer weiteren, schon 2012 eingeführten Sonderzahlung von 2,5 Prozent fällig.

Portugal nimmt die Einsparungen vor, um die Auflagen für die 78-Milliarden-Euro-Hilfe der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erfüllen. Gaspar bezeichnete das Sparprogramm als alternativlos. Bei Nichteinhaltung der Forderungen drohe eine Katastrophe.

Allein durch die Einkommensteuererhöhungen rechnet die Regierung mit Mehreinnahmen von 2,8 Milliarden Euro. Außerdem sollen 2013 die Renten stark gekürzt, die Immobilien-, die Kfz- und die Mineralölsteuer erhöht, die Ausgaben für Arbeitslosen- und Krankengelder um jeweils sechs und fünf Prozent und auch die Feiertagszulagen sowie Gelder für Überstunden im öffentlichen Dienst um die Hälfte gesenkt werden. Auch die Betriebskosten der Staatsunternehmen sollen reduziert werden.

Die portugiesische Wirtschaftszeitung "Jornal de Negocios" sprach von den "schlimmsten Steuererhöhungen in der Geschichte der (portugiesischen) Demokratie". Einige Experten fürchten, dass die Maßnahmen das Land in eine Abwärtsspirale wie in Griechenland stürzen könnten. Wissenschaftler wie der Volkswirt Joao Duque von der Technischen Universität Lissabon warnten vor einer Verschärfung der Lage: "Ich fühle mich wie ein Versuchskaninchen in einem ökonomischen Experiment. Diese Maßnahmen werden die Krise, die wir jetzt schon haben, erst richtig zur Geltung bringen."

Neben Gewerkschaften, Opposition und Kirchenvertretern hatten auch Unternehmer und sogar Politiker der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD) von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho das neue Sparprogramm als rezessionsfördernd angeprangert. Die stärkste Oppositionsbewegung, die Sozialistische Partei (PS), die noch bis vor Kurzem alle Sparprogramme mitgetragen hatte, bekräftigte zuletzt mehrfach, sie wolle diesmal gegen den Haushaltsentwurf stimmen.

Sozialistenführer António José Seguro nannte die Maßnahmen eine "finanzpolitische Atombombe". Der Gewerkschaftsdachverband CGTP rief vor einigen Tagen zu einem Generalstreik am 14. November auf.

Am gestrigen Montagabend setzten rund 2.000 Menschen die Serie der Demonstrationen der vergangenen Wochen fort und versammelten sich vor dem Parlament. Die Demonstranten forderten den Rücktritt der Regierung und protestierten gegen die Geldgeber-Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) sowie gegen den Sparkurs.

Portugal war bei der Sanierung der Staatsfinanzen lange erfolgreich. Wegen eines Einbruchs der Steuereinnahmen infolge der Rezession musste die Regierung im August aber einräumen, dass man das Defizitziel 2012 ohne zusätzliche Maßnahmen nicht erreichen werde. Die Troika, die Portugal 2011 ein 78-Milliarden-Euro-Hilfspaket gewährte, lockerte daher die Defizitziele für 2012 und 2013 und verlängerte den Sanierungsplan des Landes um ein Jahr bis 2014.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP, dapd, Reuters

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