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Außenminister Westerwelle (r., mit seinem griechischen Amtskollegen Avramopoulos) will keine "substanzielle Aufweichung" des griechischen Reformprogramms.

© dpa

Euro-Krise: Warten auf das Urteil der Troika

Die Bundesregierung schraubt die Erwartungen an den Besuch des griechischen Regierungschefs Antonis Samaras Ende der Woche herunter - erst einmal soll der Bericht der internationalen Geldgeber vorliegen.

Berlin - Für Antonis Samaras hat die entscheidende Etappe seines politischen Marathonlaufes begonnen. Der griechische Regierungschef, der am kommenden Freitag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Kanzleramt erwartet wird, schickte am Montag schon einmal seinen Außenminister Dimitris Avramopoulos nach Berlin vor. Der Athener Chefdiplomat sollte das Feld bereiten für den Besuch seines Regierungschefs am Ende der Woche. Nach griechischen Medienberichten will Samaras bei seiner Begegnung mit der Kanzlerin zwar über die Möglichkeit reden, mehr Zeit für das griechische Spar- und Reformprogramm zu bekommen, aber keinen offiziellen Antrag stellen. Am Montag machte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) nach der Begegnung mit seinem griechischen Amtskollegen allerdings deutlich, dass die Bundesregierung darauf pocht, dass im Grundsatz nichts am griechischen Reformprogramm geändert wird. Es sei klar, „dass eine substanzielle Aufweichung“ des Programms „aus Sicht der Bundesregierung nicht möglich ist“, sagte Westerwelle. Zuvor war darüber spekuliert worden, dass Samaras die von Griechenland verlangten Maßnahmen nicht bis 2014, sondern bis 2016 umsetzen wolle.

Noch in der vergangenen Woche hatte Westerwelle sich offen für ein Entgegenkommen gegenüber Athen gezeigt und daran erinnert, dass die Haushaltskonsolidierung in Athen durch die Parlamentswahlen im Mai und im Juni ins Stocken geraten ist. „Mit der in den griechischen Wahlkämpfen verlorenen Zeit muss umgegangen werden“, hatte Westerwelle gesagt. Bevor in Griechenland die Konservativen Mitte Juni als Sieger aus der Parlamentswahl hervorgegangen waren, hatte die Steuermoral der Griechen merklich nachgelassen – jetzt baut Samaras’ Regierung darauf, dass die ausstehenden Steuerzahlungen nachträglich in die Staatskassen fließen.

Mindestens genauso wichtig wie die Haltung der Bundesregierung in der Frage des Zeitaufschubs ist für Samaras aber der Bericht der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF), der in einigen Wochen vorliegen wird. Von dem Bericht hängt ab, ob Griechenland die nächste Hilfszahlung von 31,5 Milliarden Euro erhält. Ohne den Kredit wäre Griechenland pleite. Dass über Griechenlands weiteres Schicksal vor allem der Ende September erwartete Troika-Bericht entscheiden wird, machte am Montag in Berlin auch Regierungssprecher Steffen Seibert deutlich. Nach den Worten von Seibert ist es angesichts der Bedeutung des Troika-Berichts nicht zu erwarten, dass bei dem Treffen zwischen Merkel und Samaras am Freitag bereits „die großen Weichen gestellt“ würden.

Der griechische Regierungschef wird von der Kanzlerin ohnehin kaum Entgegenkommen erwarten können. So erklärte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Steffen Kampeter, dass Griechenland vertragstreu bleiben müsse. „Wenn es Abweichungen gibt, müssen diese kompensiert werden“, erklärte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.

Auch Westerwelle erklärte am Montag, dass erst einmal der Bericht der Troika abgewartet werden müsse. „Bevor Schlussfolgerungen gezogen werden, sollte man den Troika-Bericht kennen“, sagte er. Sein griechischer Amtskollege Avramopoulos betonte die Bereitschaft von Regierungschef Samaras, die mit den internationalen Geldgebern vereinbarten Maßnahmen voranzutreiben „und die notwendigen Reformen umzusetzen“. Beide Politiker warnten davor, in der Euro-Krise den Populisten das Feld zu überlassen. „Wir müssen dem anti-europäischen Populismus in Europa entgegentreten“, sagte Westerwelle.

Während für Samaras die Wochen der Entscheidung erst noch bevorstehen, sichert die Europäische Zentralbank derweil das finanzielle Überleben des hellenischen Staates. Die EZB hatte es geduldet, dass die griechische Notenbank gegen die Hinterlegung von Staatspapieren mit kurzer Laufzeit Kredite an die heimischen Banken vergeben kann, die vom privaten Kapitalmarkt abgeschnitten sind. Über diesen Weg wird die Zahlungsfähigkeit Griechenlands erhalten. Denn schließlich braucht Griechenland ständig frisches Geld: Am Montag mussten die Hellenen 3,2 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen, weil alte Anleihen fällig wurden. Albrecht Meier

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