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Europäer in Afghanistan: Eher früher als später

Der von US-Präsident Obama angekündigte Teilabzug der Truppen aus Afghanistan ist international begrüßt worden, auch andere Länder wollen ihre Soldaten nach Hause holen. Sie haben vor allem die Wähler im Blick.

Der von US-Präsident Obama angekündigte Teilabzug der Truppen aus Afghanistan ist international begrüßt worden, auch andere Länder wollen ihre Soldaten nach Hause holen.

Großbritanniens Außenminister William Hague nutzte die Gelegenheit dazu, 2015 als definitives Enddatum des britischen Kampfeinsatzes in Afghanistan zu bekräftigen. „2015 werden britische Truppen in Afghanistan nicht mehr an Kampfeinsätzen beteiligt oder auch nur annähernd in der jetzigen Stärke im Land sein“, so Hague in einem von Afghanistan aus geführten BBC Interview. Bei diesem Termin gebe es „kein Wenn und Aber“.

Bis dahin wollen die Briten aber die Entwicklung in Afghanistan abwarten und planen keine drastischen Veränderungen. Premier David Cameron, mit dem Präsident Obama kurz vor seiner Ankündigung noch einmal telefonierte, bestätigte lediglich den bevorstehenden Abzug von 450 Soldaten, die als Teil der Obama-Offensive zusätzlich entsandt wurden. Weitere Truppenreduktionen bei den 9500 eingesetzten Soldaten sind bis 2014 nicht geplant.

Diese Haltung stellt einen Kompromiss zwischen den Streitkräften und dem politischen Kalender dar: In Großbritannien wird erst 2015 gewählt und Cameron will für diesen Zeitpunkt eine klar formulierte Exit-Strategie haben. Bis dahin beugt er sich aber den Militärs, die noch zwei volle, sommerliche Kampfperioden gegen die Taliban gefordert haben. Wie in den USA warnen auch in Großbritannien die Militärchefs davor, den Taliban durch Abzugsszenarien Auftrieb zu geben. Der frühere Streitkräftechef General Lord Dannatt argumentiert, der Beginn des Truppenabzugs könne den Taliban zur Macht zurückverhelfen.

Frankreich schloss sich der Ankündigung der USA sofort an. Der Abzug der französischen Kräfte werde in der Größenordnung dem der USA entsprechen und einem vergleichbaren Rhythmus erfolgen, teilte der Elysée-Palast gestern in einer Erklärung mit. Frankreich teile die Analyse und die Ziele der USA, heißt es darin weiter. Es werde mit seinen Verbündeten voll engagiert an der Seite des afghanischen Volkes bleiben, um den Übergangsprozess zu Ende zu bringen. Vor ein paar Tagen hatte Verteidigungsminister Gérard Longuet bereits in einem Interview erklärt, dass angesichts der erzielten Fortschritte die Option eines Teilabzugs im zweiten Halbjahr dieses Jahres geprüft werde. Für Präsident Nicolas Sarkozy kommt der US-Beschluss ein Jahr vor der nächsten Präsidentenwahl zum besten Zeitpunkt. Im Parlament und in der Öffentlichkeit wird der Einsatz zwar kaum diskutiert. Umfragen zeigen jedoch, dass Frankreichs Präsenz am Hindukusch auf immer weniger Verständnis stößt. Am Wochenende kam nordöstlich von Kabul der 20-jährige Fallschirmjäger Florian Morillon durch Raketenbeschuss ums Leben. Er ist das 62. Opfer, das Frankreich in diesem Krieg zu beklagen hat.

Schon vor seiner Wahl 2007 hatte Sarkozy die Möglichkeit einer Verringerung des französischen Engagements angedeutet, dann aber 2009 als Beitrag zur Nato-Mitgliedschaft Verstärkungen nach Afghanistan geschickt. Mit rund 4000 Soldaten stellt Frankreich nach den USA, Großbritannien und Deutschland derzeit das viertstärkste Kontingent.

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