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Wolfgang Gerhardt hat die FDP von 1995 bis 2001 als Vorsitzender geführt. Seit 2006 leitet er die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung.

© picture-alliance/dpa

Ex-FDP-Chef Wolfgang Gerhardt: "Die Zukunft der FDP heißt FDP"

Der frühere FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt sieht die FDP 2017 wieder im Bundestag. Die Partei müsse ihre "Werte und Haltungen" klar machen und dürfe sich nicht im "tagespolitischen Kleinklein" erschöpfen, rät er seinem Parteichef Christian Lindner.

Von Antje Sirleschtov

Herr Gerhardt, in Sachsen hat die FDP am vergangenen Sonntag ihre letzte Regierungsbeteiligung und sogar den Sitz im Landtag verloren. Ist das der Anfang von Ende Ihrer Partei?

Nein. Wir hatten erfolgreiche Zeiten und auch sehr schwierige. Dies ist eine schwere Zeit, aber wir werden sie überwinden.

Warum wollen die Wähler von Ihnen nichts mehr wissen?

Die FDP kann ihr Tief nur überwinden, wenn sie auf Bundesebene wieder akzeptiert wird. Da ist in den vergangenen Jahren viel Vertrauen verloren gegangen, und das müssen wir zurückgewinnen. Das ist eine schwierige Aufgabe, und es wird lange dauern, bis die FDP sie erfüllt hat. Aber es gibt nur diesen Weg. Und ich bin sicher: Am Ende wird es gelingen. 2017 sind wir wieder zurück im Bundestag.

Was soll der FDP-Chef Christan Lindner tun?

Die FDP muss ihre Werte und Haltungen in der Öffentlichkeit klar machen und darf sich nicht im tagespolitischen Kleinklein erschöpfen.

Das heißt, Herr Lindner soll mehr denken und weniger reden?

Christian Lindner ist der richtige Vorsitzende. Er weiß, dass das Grundsatzprofil der Partei beschrieben werden muss. Die FDP war immer eine Partei der sozialen Marktwirtschaft und der Innovation, aber auch des Rechtsstaates, einer klugen Außenpolitik und des Bürgerrechts auf Bildung. Seit Union und SPD das Land regieren, werden wir schläfriger und verlieren unsere Kraft im Wettbewerb. Und genau dort ist der Platz, an dem die Werte der FDP gefragt sind.

Es sieht nicht so aus, als ob jemand der FDP zutraut, die Probleme des Landes zu lösen. Warum?

Viele sind enttäuscht über das, was sich in der letzten Legislaturperiode ereignet hat. Wir haben ein großes steuerpolitisches Konzept angekündigt und nichts davon wurde umgesetzt. Das hat die Menschen enttäuscht und den Blick auf das gute liberale Politikangebot insgesamt verstellt.

Was ist das für ein Angebot?

Das reicht von einer klaren Position in Fragen von Wettbewerb und Wirtschaftswachstum bis hin zu einer klaren Haltung in der Außenpolitik. Wenn im Irak Menschen barbarisch gequält und umgebracht werden, dann dürfen wir nicht sprachlos sein. Und wenn der Bundespräsident eine klare Haltung zum russischen Vorgehen in der Ukraine formuliert, dann erwarte ich von Liberalen, dass sie ihn unterstützen. Russland muss wissen, dass wir für seine Haltung keinerlei Verständnis haben.

Deutschland schickt Waffen in den Irak, um dort kurdische Kämpfer zu unterstützen. Wäre das mit der FDP passiert?

Ich bin skeptisch, ob das zu einem Ziel führt. Die Waffen werden einer am Kampf beteiligten Gruppe gegeben. In einer solchen Situation führt kein Weg daran vorbei, dass die Vereinten Nationen der Völkergemeinschaft ein Mandat erteilen gegen die IS vorzugehen.

Sollen sich deutsche Soldaten an einer solchen Friedensmission beteiligen?
Ich glaube nicht, dass Bodentruppen in Frage kommen, ich aber kein Generalstäbler.

Wer dann soll die Arbeit tun?

Deutschland hat immer die Möglichkeit sich an internationalen Missionen zu beteiligen und sollte nicht darauf aus sein, Soldaten zu schicken.

Wird der FDP nun die Konzentration auf den Wirtschaftsliberalismus zum Verhängnis?

Die FDP hat sich darauf nie allein konzentriert. Für uns ist Marktwirtschaft eine Kernkompetenz, aber wir haben in allen anderen politischen Bereichen auch klare Haltungen. Wir haben uns nicht in der Marktwirtschaft erschöpft.

Warum werden Sie den Ruf der kaltherzigen Neoliberalen nicht los?

Das, was uns da manchmal entgegen schlägt, das ist billige und einfache Aversion.

Das klingt ziemlich frustriert für einen Politiker, der mal Vorsitzender der FDP war.

Ich bin nicht frustriert. Ich bin nur manchmal fassungslos, wie wenig manche Bürger informiert sind. Viele wissen gar nicht, wer die Neoliberalen wirklich waren. Sie gebrauchen sie nur als bequemen Knüppel für den Beifall der Uninformierten.

In Hamburg sind nun die ersten Spitzen-FDP-Leute ausgetreten und wollen eine eigene liberale Partei gründen. Vielleicht ist das ein Weg, um die Frustrationen der Vergangenheit abzuschütteln.

Das denke ich nicht. Was da in Hamburg geschieht, hat keine Zukunft, ist ein kleines unbedeutendes Ereignis einer regionalen Gruppe. Jeder kann in die Presse kommen wenn er über eine Neugründung plappert, selbst wenn er selbst substantiell nichts zu bieten hat. Die Zukunft der FDP heißt FDP.

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