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Fall Kurnaz: "Ich habe mehrere Menschen sterben sehen"

Der Bremer Türke Murat Kurnaz hat im türkischen Fernsehen über die erlittenen Misshandlungen im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba berichtet.

Ankara - Er habe "viele Arten von Folter ertragen müssen", sagte Kurnaz dem TV-Sender CNN Türk in einem am Montagabend ausgestrahlten Interview. "Sie sagen, 'du gehörst zu Al Qaida', und wenn du 'Nein' antwortest, geben sie dir Elektroschocks in die Füße", berichtete Kurnaz, der während des Gesprächs äußerlich ruhig blieb. Die Verhöre hätten manchmal zwei bis drei Stunden gedauert, er habe mehrfach das Bewusstsein verloren. Kurnaz, der in den deutschen Medien als "Bremer Taliban" bezeichnet wurde, hat in der Türkei den Beinamen "türkischer Taliban".

In dem in Bremen geführten Interview ist Kurnaz mit langen Haaren und einem bis auf den Bauch reichenden rötlichen Bart zu sehen. Er sei während seiner Gefangenschaft auf verschiedene Weisen körperlich und psychisch gefoltert worden, sagte der 24-Jährige. Einmal sei er "vier oder fünf Tage" an einer Decke aufgehängt worden. "Am Morgen holen sie dich runter, dann kommt ein Arzt und untersucht, ob du noch länger durchhalten kannst." Ein anderes Mal habe er 20 Tage lang nichts zu essen bekommen. Manche Gefangene seien in Zellen eingesperrt worden, in die dann eiskalte oder sehr heiße Luft geleitet wurde. "Ich habe mehrere Menschen sterben sehen (...) Manchmal dachte ich, dass ich ihr Schicksal teilen würde."

Kurnaz war im Dezember 2001 während einer Pakistanreise festgenommen und von dort nach eigenen Angaben zunächst in das US-Lager am Flughafen von Kandahar in Afghanistan gebracht worden. Danach wurde er von den USA als "feindlicher Kämpfer" im Lager Guantánamo auf Kuba festgehalten. Im August wurde er - offiziell aus Mangel an Beweisen - freigelassen. In Deutschland prüft derzeit ein Untersuchungsausschuss des Verteidigungsministeriums Vorwürfe von Kurnaz, er sei während seiner Gefangenschaft auch von deutschen Soldaten verhört und misshandelt worden. (tso/AFP)

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