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Fall Kurnaz: Schröder schützt Steinmeier

Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder hat in der Kurnaz-Affäre die Verantwortung übernommen und sich vor seinen damaligen Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier gestellt.

Berlin - "Auch ich würde vor dem Hintergrund der damaligen Abläufe keine andere Entscheidung treffen", sagte Schröder der "Bild"-Zeitung. Koalition und Opposition verständigten sich nach wochenlangem Tauziehen auf einen Termin für die Vernehmung des heutigen SPD-Außenministers.

Steinmeier soll nun am 8. März gemeinsam mit Ex-Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) vom BND-Untersuchungsausschuss befragt werden. Wie der Ausschuss weiter beschloss, wird am 1. März auch Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) vernommen. Zur Vorbereitung soll es im Februar zwei Sondersitzungen geben. Mit der späteren Befragung Steinmeiers setzte sich weitgehend die große Koalition durch. Der Ausschuss-Obmann der Links-Fraktion, Wolfgang Neskovic, sprach von einem "Verteidigungsprogramm" für den Außenminister.

Dem ehemaligen Kanzleramtschef Steinmeier wird vorgeworfen, die Freilassung des langjährigen Guantanamo-Häftlings Murat Kurnaz und seine Rückkehr nach Deutschland verhindert zu haben. Schröder betonte, der Schutz vor Anschlägen habe nach den Terroranschlägen vom 11. September "höchste Priorität" gehabt, "aber unter strikter Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien". Diese sicherheitspolitische Linie habe er als Kanzler formuliert. "Dafür trage ich die politische Verantwortung und niemand anders", auch wenn er über den Fall Kurnaz nicht informiert gewesen sei, sagte der Ex-Kanzler.

"Solide Einschätzung" der Geheimdienstmitarbeiter

Nicht die deutschen Sicherheitsbehörden, sondern die Amerikaner hätten den Bremer Türken nach Guantanamo verbracht und dort festgehalten, fügte Schröder hinzu. Der SPD-Obmann im BND-Ausschuss, Thomas Oppermann, hob hervor, bis 2006 habe es seitens der US-Administration einen "sehr starken Widerstand" gegen eine Freilassung von Kurnaz gegeben. Grünen-Obmann Christian Ströbele hielt dem entgegen, bei dem strittigen Angebot vom Herbst 2002 habe es sich wohl kaum - wie von der SPD behauptet - um "Agentengeschwätz" gehandelt. Vielmehr dürfte eine "solide Einschätzung" der Geheimdienstmitarbeiter vorgelegen haben.

Neskovic dämpfte die Erwartungen an die Befragung des Außenministers. Dieser könne sich jederzeit unter Verweis auf geheime Akten "hinter die verschlossenen Türen des Untersuchungsausschusses flüchten". Er bleibe aber dabei, dass Steinmeier "nicht die Grundwerte unserer Verfassung beachtet" habe. Für den FDP-Ausschussobmann Max Stadler muss zunächst geklärt werden, welches Angebot die drei deutschen Beamten machten, die Kurnaz im September 2002 in Guantanamo besuchten. Danach sollte geprüft werden, was nach dem Regierungswechsel 2005 geschah und warum die schwarz-rote Bundesregierung Kurnaz auf einmal frei bekam. Hier hätte der heutige Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) Auskunft geben können, was aber von der Koalition verhindert worden sei.

Gröhe: Wir stehen der Aufklärung nicht im Weg

Für die Union wies der Ausschussobmann Hermann Gröhe (CDU) Vorwürfe zurück, die Koalition behindere die Aufklärung. Vielmehr werde mit dem jetzt beschlossenen Zeugenprogramm die Aussage von Steinmeier "gründlich vorbereitet". Zugleich habe man erreicht, dass sich die Opposition nicht mit ihrer "Effekthascherei" durchsetze. Das Gremium befasste sich am Donnerstag zum zweiten Mal mit dem Fall. Geladen war Kurnaz' US-Anwalt Baher Azmy. Außerdem sagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit die drei deutschen Geheimdienstmitarbeiter aus, die Kurnaz in Guantanamo vernommen hatten. (Von André Spangenberg und Nikolaus Sedelmeier, ddp)

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