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Politik: Fall LaGrand: Gegen die Regeln

Das Signal aus Den Haag tönt laut und klar. Jetzt steht fest: Mit der Hinrichtung der deutschen Brüder Karl und Walter LaGrand haben die USA gegen das Völkerrecht verstoßen.

Das Signal aus Den Haag tönt laut und klar. Jetzt steht fest: Mit der Hinrichtung der deutschen Brüder Karl und Walter LaGrand haben die USA gegen das Völkerrecht verstoßen. Das entschied der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag am Mittwoch. Zwar habe das Urteil keinen unmittelbaren Einfluss auf die Verfahren gegen andere Deutsche in US-Todeszellen wie den Hamburger Dieter Riechmann oder die Brüder Rudi und Michael Apelt, sagte der Völkerrechtsexperte von amnesty international, Nils Geißler. Es zeige jedoch, dass die USA die Wiener Konsularrechtskonvention von 1963 nicht umgehen dürften.

Deutliche Kritik an der Bundesregierung kam von dem Münchner Anwalt Steffen Ufer, der die LaGrand-Brüder verteidigt hatte und jetzt um das Leben der Apelts kämpft. "Nie und nimmer" hätten die LaGrands sterben müssen, wenn sie anständig verteidigt worden wären. Deutschland habe viel zu lange gezögert, ehe es sich der Sache angenommen habe. "Diese Hilfe kam zu spät, und sie kam auch nur deshalb, weil wir über die Medien massiv Druck gemacht haben", sagte Ufer. Nun erwarte er von der Bundesregierung, dass sie sich mit dem Urteil in der Hand dafür stark mache, die Vollstreckung der Todesstrafe im Fall Riechmanns und der Apelt-Brüder auszusetzen.

Die Wiener Konsularrechtskonvention sichert im Ausland verhafteten Straftätern zu, dass ihre Heimatbehörden über den Fall in Kenntnis gesetzt werden. Die USA haben nach Angaben der Haager Richter auf deutschen Druck eine eigene Abteilung für Konsularfragen bei verhafteten Ausländern eingerichtet. Im Auswärtigen Amt hieß es allerdings, dies reiche nicht. Es seien schon wieder rund 20 Fälle bekannt geworden, in denen eine Benachrichtigung unterblieben ist.

Die Brüder LaGrand waren 1984 in Arizona des Mordes an einem Bankgeschäftsführer für schuldig befunden worden. Sie wurden 1999 hingerichtet. Niemand hatte ihnen mitgeteilt, dass sie Anspruch auf konsularischen Rechtsbeistand gehabt hätten. Die deutschen Behörden erfuhren 1992 von dem Fall, doch da waren alle nationalen juristischen Möglichkeiten schon ausgeschöpft. Erst kurz vor dem Hinrichtungstermin erwirkte die Bundesregierung eine IGH-Eilverfügung. Die USA ignorierten sie.

Der Vorgang hatte zu Verstimmungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis geführt. Deutschland drang in der Folge darauf, dass Amerika die Benachrichtigung der betroffenen Häftlinge sicherstellt - schließlich handele es sich um bindendes Völkerrecht. So zog Deutschland gegen Amerika vor Gericht und bekam nun in allen Punkten Recht. Die Bundesregierung begrüßte die Entscheidung. Das Urteil bedeute eine Stärkung der Rechte bei Verhaftungen im Ausland.

Vier Fragen klärten die Richter. Sie stellten zum einen den schon erwähnten Verstoß gegen die Wiener Konvention fest. Ein weiterer Verstoß habe darin gelegen, dass Einwände der LaGrands als verspätet zurückgewiesen wurden. Die Brüder hatten sich auf die Benachrichtigungspflicht zu berufen versucht. Drittens stellten die Richter zum ersten Mal in der Geschichte des Gerichtshofs klar, dass vorläufige Maßnahmen des IGH bindend sind. Und viertens hieß es, dass Urteile gegen Deutsche, die unter Verstoß gegen die Wiener Konvention zustande gekommen sind, auf ihre Gültigkeit hin überprüft werden dürfen. Lauter grundsätzliche Dinge. Den LaGrands können sie nicht mehr helfen.

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