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Fall Litwinenko: Kowtun bedauert Aufregung um Polonium

Der russische Kontaktmann Litwinenkos befindet sich offenbar auf dem Weg der Besserung. Unterdessen prüfen deutsche Sicherheitsbehörden mögliche Hinweise auf Nuklearschmuggel.

Hamburg - Der russische Geschäftsmann Dmitrij Kowtun, gegen den deutsche Behörden ermitteln, kann sich die in Hamburg hinterlassenen radioaktiven Spuren nicht erklären. Er vermute, dass er die Verstrahlung aus London mitgebracht habe, "als ich mich dort am 16., 17. und 18. Oktober mit Alexander Litwinenko getroffen habe", sagte der 41-Jährige in einem Telefoninterview, das Spiegel TV am Dienstagabend mit ihm führte. "Die Spuren halten bekanntlich sehr lange, und wenn man anschließend durch die Welt reist, hinterlässt man sie überall", betonte Kowtun. Gegen ihn wird unter anderem wegen des Verdachts des unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen ermittelt.

Der Russe hatte den Ex-Spion Litwinenko nicht nur Mitte Oktober, sondern auch am 1. November im Londoner Millennium Hotel gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Andrej Lugowoi getroffen. Bisher wird angenommen, dass er die radioaktive Substanz bei seiner Ankunft in Hamburg im Körper hatte, als er am 28. Oktober aus Moskau mit dem Flugzeug kam. Die britischen Ermittler gehen derzeit davon aus, dass Litwinenko das Polonium 210 in der Bar des Hotels zugeführt wurde. Der Kreml-Kritiker war am 23. November an der Vergiftung mit der radioaktiven Substanz gestorben.

"Ich fühle mich schuldig"

In dem Interview mit Spiegel TV beteuerte Kowtun, er fühle sich schuldig, dass er in seiner "Lieblingsstadt" Hamburg so viel Aufregung verursacht habe. Er habe der deutschen Öffentlichkeit große Probleme bereitet. "Durch mich sind all diese Unannehmlichkeiten nach Deutschland gekommen. Meine Familie ist selbst stark davon betroffen", sagte Kowtun.

Zu seinem Gesundheitszustand sagte Kowtun, er befinde sich in einer Moskauer Klinik und es gehe ihm von Tag zu Tag besser. Seine Werte seien fast normal. "Die Ergebnisse sind sehr gut, und ich hoffe, bis Ende der Woche aus dem Krankenhaus entlassen zu werden", wurde Kowtun zitiert.

Unterdessen prüfen deutsche Sicherheitsbehörden auch mögliche Hinweise auf illegalen Nuklearschmuggel über das Gebiet der Bundesrepublik. "Neben allen anderen Thesen zum Hintergrund dieses Verbrechens nehmen wir auch die Möglichkeit ernst, dass Litvinenkos Tod im Zusammenhang mit Nuklearschmuggel stehen könnte", sagte ein Sicherheitsbeamter der "Berliner Zeitung". Zwar gebe es dafür bislang "keine wirklich belastbaren Indizien"; gleichwohl schließe man in Geheimdienstkreisen die Möglichkeit nicht aus, dass das Polonium über Deutschland nach London geschmuggelt wurde, um dort einen Verkauf anzubahnen.

Polonium auf dem Schwarzmarkt ungewöhnlich

"Wir wissen, dass es seit einigen Jahren in terroristischen Kreisen einen Bedarf an Nuklearmaterial gibt", zitiert das Blatt den Sicherheitsbeamten weiter. Da es also einen Nachfragemarkt gebe, sei es "nicht völlig abwegig", dass Litvinenkos Kontaktleute in Schmuggelgeschäfte verstrickt gewesen sein könnten. "Wir beobachten die Szene deshalb jetzt ganz intensiv", sagte der Beamte. Allerdings habe es bisher noch keinen einzigen Fall gegeben, in dem Polonium 210 auf dem Schwarzmarkt angeboten worden sei, weil das Material viel zu teuer sei. (tso/AFP/ddp)

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