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Politik: Falschaussage-Verdacht: Immun

So einfach ist das geplante Ermittlungsverfahren gegen den Bundesaußenminister nicht: Joschka Fischer ist Abgeordneter des Bundestags, genießt infolge dessen Immunität und damit einen besonderen Schutz vor Strafverfolgung. Diese Regelung ist kein Freibrief zum Gesetzesbruch.

So einfach ist das geplante Ermittlungsverfahren gegen den Bundesaußenminister nicht: Joschka Fischer ist Abgeordneter des Bundestags, genießt infolge dessen Immunität und damit einen besonderen Schutz vor Strafverfolgung. Diese Regelung ist kein Freibrief zum Gesetzesbruch. Vielmehr soll sie Parlamentarier davor schützen, aus politischen Gründen mit Strafverfahren belegt zu werden.

"Das Parlament genießt Autonomie. Es hat es selbst in der Hand, ob eines seiner Mitglieder strafrechtlich verfolgt wird", sagt Georg Hermes, Staatsrechtler an der Universität Frankfurt. Aus historischer Erfahrung sei festgelegt worden, dass Abgeordnete von Öffentlichkeit und Wählern kontrolliert werden und nicht von der Justiz. "Trotzdem gelten Recht und Gesetz für Abgeordnete wie für jeden Bürger", betont Hermes.

In der Weimarer Republik und auch schon zu Zeiten der Monarchie habe sich gezeigt, dass Parlamentarier ohne eine solche Regelung unter Druck geraten könnten: Politische Gegner wurden mit Strafverfahren belegt und kurzerhand aus dem Weg geschafft. Aber auch heute habe die Regelung durchaus noch ihren Sinn, erklärt Hermes: "Über der Staatsanwaltschaft steht letzten Endes der Justizminister. Der ist Mitglied einer bestimmten Partei und hat somit parteipolitische Interessen."

Grundsätzlich sind Staatsanwälte allerdings gegenüber dem jeweiligen Justizministerium weisungsabhängig.

Die Immunität der Abgeordneten ist in der Geschäftsordnung des Bundestags festgelegt. Wenn eine Staatsanwaltschaft gegen einen Parlamentarier Ermittlungen führen möchte, muss erst der "Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung" des Bundestags gefragt werden. Seinen Mitgliedern bleibt nach Eingang der Anfrage zunächst 48 Stunden Zeit, um die Gründe des Staatsanwalts zu prüfen. Wenn ein berechtigter, nicht politisch motivierter Vorwurf vorliegt, gibt der Ausschuss grünes Licht für die Ermittlungen.

Wenn allerdings eine Behörde ein Strafverfahren eröffnen will, muss der Bundestag selbst abstimmen. Diese so genannten "Immunitätsfälle" sind gar nicht so selten: In der ersten Wahlperiode von 1949 bis 1953 waren es nach Angaben der Bundestagsverwaltung gleich 160. Bis 1969 stimmte der Bundestag insgesamt 504 Mal über die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten ab. 376 Anträge wurden abgelehnt. Dabei ging es meistens um so genannte "Äußerungsdelikte", Verkehrsdelikte und allgemeine Kriminalität. Im Dezember 1984 hob der Bundestag die Immunität des ehemaligen Finanzministers Otto Graf Lambsdorff auf. Anfang 2000 leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl ein, nachdem der Immunitätsausschuss keinen Einspruch dagegen eingelegt hatte.

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