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Familie und Beruf: EU-Parlament debattiert über längere Frist für Mutterschutz

Während viele Parlamentarierinnen eine deutlich längere Mutterschutzzeit von bis zu 20 Wochen als überfällig erachten, sehen andere vor allem die deutlich höheren Kosten für Staat und Unternehmen.

Der Streit um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf entzweit die Abgeordneten im Europäischen Parlament. Während nämlich viele Parlamentarierinnen eine deutlich längere Mutterschutzzeit von bis zu 20 Wochen als überfällig erachten, sehen andere in der Finanzkrise vor allem die deutlich höheren Kosten für Staat und Unternehmen. An diesem Mittwoch stimmt das Europaparlament ab – mit offenem Ausgang, aber der Tendenz, dem eigenen Frauenausschuss in der Sache nicht zu folgen.

Der hatte bereits am 23. Februar den Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2008 noch einmal deutlich verschärft. Die Brüsseler Behörde hatte, weil die Mutterschaftszeiten europaweit sehr unterschiedlich geregelt sind, eine Anhebung von 14 auf 18 Wochen empfohlen. Der Ausschuss aber verlangte neben einer zusätzlichen „Vaterschutzzeit“ von zwei Wochen bei vollem Lohnausgleich und einer Einbeziehung von Selbstständigen jene 20 Wochen, die nun der deutsche Arbeitgeberchef Dieter Hundt gegeißelt hat. Dies könne „eine Einstellungserschwernis für Frauen“ darstellen und sei zudem schlicht zu teuer. Das Bundesfinanzministerium rechnet mit jährlichen Mehrkosten von rund 1,5 Milliarden Euro, sollte der Mutterschutz in Deutschland von derzeit 14 Wochen – dem aktuellen EU-Mindeststandard – auf 20 Wochen erhöht werden.

Die deutschen Unionsabgeordneten haben damit vor allem deshalb ein Problem, weil „sonst die in Deutschland neu eingeführte und bereits bestens bewährte Elternzeit nicht zu halten ist“, wie es aus ihrer Fraktion heißt. Aber auch die Sozialdemokraten, aus deren Reihen Edite Estrela kommt, die portugiesische Parlamentsberichterstatterin zu dem Thema, sind sich nicht einig. So führen die deutschen SPD-Abgeordneten ins Feld, dass mit dem Vorschlag der auf die Gesundheit abzielende Mutterschutz mit der auf die Erziehung abzielende Elternzeit „vermischt“ würde. Einige Abgeordnete wollen für den Kommissionsvorschlag von 18 Wochen, andere für den Status quo von 14 Wochen stimmen. Ähnlich ist die Haltung in der Fraktion der Liberalen. Zu 18 Wochen „bei fairer Bezahlung“ sagt die FDP-Politikerin Nadja Hirsch: „Für Deutschland bedeutet das keinerlei Mehrkosten, wenn Mutterschutzgeld und Elterngeld sinnvoll kombiniert werden.“

Einzig Grüne und Linke sind mehrheitlich für einen 20-wöchigen Mutterschutz. Die niederländische Grünen-Abgeordnete Marije Cornelissen sagt, dies wäre ein „positiver Schritt hin zu den 24 Wochen, die die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt“. Gerade in einer Finanzkrise brauchten junge Eltern derlei Unterstützung „am meisten“.

Abhängig vom Parlamentsvotum werden die danach folgenden Kompromissverhandlungen mit dem Ministerrat der 27 EU-Regierungen unterschiedlich schwierig. Die haben sich letztmals im Frühsommer, noch unter tschechischer Präsidentschaft, mit dem Thema beschäftigt und warten erst einmal ab. Die 20-Wochen-Frist wäre dort so gut wie chancenlos, denn selbst den 18 Wochen aus dem Kommissionsvorschlag begegnet Deutschland mit „grundsätzlicher Skepsis“, wie es am Montag aus Kreisen der Bundesregierung hieß.

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