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Politik: Familienbesitz im Visier

BRÜSSEL (py).Macht die NATO jetzt Jagd auf Slobodan Milosevic?

BRÜSSEL (py).Macht die NATO jetzt Jagd auf Slobodan Milosevic? Die nächtliche Attacke auf ein Haus des Präsidenten in Belgrad legt die Vermutung nahe.Die Allianz allerdings bleibt dabei: Der jugoslawische Präsident in Person sei kein Bombenziel.Wohl aber, muß man hinzufügen, seine Besitztümer.Die "New York Times" zitiert dazu einen hohen Militär: Daß seine Soldaten zusammengeschossen würden, sei einem wie Milosevic egal.Aber wenn jene Werte in Schutt und Asche gelegt würden, die ihm und seiner Kamarilla ans Herz und an den Geldbeutel gewachsen seien, das könne Wirkung zeigen.Derlei Zielauswahl wird amtlich nicht bestätigt; es widerspricht aber auch niemand energisch.

Dies läßt manchen Bombentreffer in anderem Licht dastehen, der auf den ersten Blick unverständlich oder als Fehlschuß erscheint.Tabak zum Beispiel mag für Soldaten eine bedeutsame Sache sein, strategisch wichtig ist er nicht.Trotzdem hat die NATO Tabakfabriken und Lagerhallen bombardiert.Der Grund heißt Marko Milosevic.

Der Sohn des Dikators hat die Finger im profitablen Tabakhandel.Ihm gehört auch eine der größten Diskotheken im Land.Es würde niemanden wundern, wenn dort eine Rakete einschlägt.Daß es nicht längst passiert ist, mag daran liegen, daß der Tanztempel naturgemäß besonders in der Nacht voller Gäste ist - die NATO will sich nicht den Vorwurf von Terrorangriffen einhandeln und legt es erklärtermaßen besonders darauf an, Zivilisten zu schonen.

Auch andere Bombenziele werden nun erklärlicher.In dem Hochhaus im Zentrum Belgrads, das in der Nacht zu Mittwoch nach drei Treffern in Flammen aufging, saß neben der Zentrale der Regierungspartei auch ein Radiosender der Milosevic-Tochter Marija.Die Autofirma "Zastava" in Kragujevac leitet ebenso ein Milosevic-Vertrauter wie die Öl- und Gasindustrie.

Zerbombt worden sind das Innenministerium und die Zentrale der Sonderpolizei in Belgrad.Das soll Milosevic nicht nur die Mittel zum systematischen Terror beschneiden, sondern auch symbolisch wirken.Der Kaiser soll seine Kleider verlieren, bis jeder merkt, wie nackt er dasteht - so ungefähr wird in deutschen Regierungskreisen die Linie beschrieben.

In die gleiche Richtung zielen Überlegungen, Milosevics Auslandskonten sperren zu lassen, oder Andeutungen, man sähe den Mann am liebsten als Angeklagten vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal.Die Deutschen sind übrigens froh, daß diese ganze Linie zunehmend öffentlich wird.Sie hatten die Informationspolitik der NATO stets als zu zurückhaltend kritisiert: Demokratien, die Krieg führten, müßten bei aller militärisch gebotenen Geheimhaltung ihr Tun dem eigenen Volk doch stets verständlich machen.

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