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Sylvana

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FDP-Abgeordnete: Eine Frage der Präsenz

FDP-Spitzenkandidatin Koch-Mehrin wehrt sich gegen den Vorwurf, sie fehle oft im Europaparlament. Doch ihr Bekanntheitsgrad unter den Brüsseler Fachkollegen hält sich offenbar in Grenzen.

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Berlin - Hart und an der Konzentration zehrend sind die letzten Wahlkampftage vor der Europawahl. Auch für FDP-Spitzenkandidatin Silvana Koch-Mehrin. Vor wenigen Tagen stellte sie sich zusammen mit dem Grünen-Chef Cem Özdemir den Fragen des Journalisten Thomas Leif im SWR. Das Thema klang harmlos, lustig, eben wie die EU: „Glühbirne, Gurke und Co.“ Doch Koch-Mehrin fand nicht viel Gefallen an diesem Abend. Erst dauerte das Richten ihrer Frisur sehr lang, dann kam ein Hustenanfall und schließlich noch die Frage nach ihrer Präsenz im Europaparlament. Leif zitierte die „FAZ“, die darüber berichtet hatte, dass Koch-Mehrin nur an rund 40 Prozent der Plenarsitzungen in Straßburg und Brüssel teilgenommen habe. „Die Zahlen sind falsch, und sie werden auch korrigiert“, entgegnete sie und fügte hinzu, sie gehe juristisch dagegen vor. Punkt – dachte man.

Doch nach dem Ende der Aufzeichnung stürmte sie wütend ins Foyer, verlangte ihren Anwalt und wollte eine Ausstrahlung verhindern. Ohne Erfolg. Trotzdem schickte Koch-Mehrins Anwalt den Machern ein Schreiben, auch FDP-Generalsekretär Dirk Niebel verfasste einen Brief und beschwerte sich. Unter anderem, weil „ein gesamter zuvor herbeirecherchierter Themenblock in Bezug auf die Arbeitsleistung von Frau Dr. Koch-Mehrin weder angekündigt noch in irgendeiner Art und Weise im Vorlauf zur Sendung kommuniziert worden war“, wie es im Brief heißt, der dem Tagesspiegel vorliegt. Klar ist nun, dass zumindest Koch-Mehrin kurz vor Ende eines wenig substanziellen Europa- Wahlkampfes doch noch ein Thema hat: ihre Präsenz im EU-Parlament.

Denn während die Politikerin in Deutschland einem breiteren Publikum vor allem ein Begriff ist, seit sie sich als Hochschwangere mit nacktem Bauch für den „Stern“ ablichten ließ, hält sich ihr Bekanntheitsgrad unter den Brüsseler Fachkollegen offenbar in Grenzen. Die offizielle Website des Europaparlaments bescheinigt ihr bei Plenumssitzungen eine Anwesenheitsquote von 62 Prozent. Damit war Koch-Mehrin zwar häufiger im Plenum, als aus den ursprünglichen Berechnungen aus der eigenen liberalen Fraktion hervorging – denn dabei war nicht berücksichtigt worden, dass die EU-Abgeordnete in der letzten Legislaturperiode zweimal wegen ihrer Mutterschutzzeiten ausfiel. Allerdings liegt sie auch nach den offiziellen Zahlen des Europaparlaments immer noch unter den Anwesenheitsquoten anderer EU-Abgeordneter (FDP-Kollege Alexander Alvaro bringt es beispielsweise auf 77 Prozent). Vor allem aber erscheint Koch- Mehrins Angabe fraglich, sie habe an 75 Prozent der Sitzungen teilgenommen.

FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte am Donnerstag, die Vorwürfe seien „der neidische Versuch der Konkurrenz, unsere erfolgreiche Spitzenkandidatin im Wahlkampf-Endspurt zu behindern“. Die Kandidatin vereinbare „in vorbildlicher Weise ihre Aufgabe als Mutter von drei kleinen Kindern mit ihrer Spitzenfunktion im Europäischen Parlament“.

Auf ihrer Website erläutert Koch-Mehrin übrigens: „Ein wesentlicher Teil der Arbeit im Europäischen Parlament findet in den Ausschüssen statt.“ Als Mitglied im Haushaltsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Haushaltskontrollausschuss hat sie dort jedoch nicht unbedingt durch Anwesenheit geglänzt. Dies berichtete die „FAZ“, gegen die Koch- Mehrin zuvor erfolglos vor Gericht vorgegangen war, am Donnerstag. Die Zeitung verwies auf die Auswertung offizieller Parlamentsprotokolle durch Mitarbeiter der konservativen EVP-Fraktion. Den Vorsitzenden der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Werner Langen, zitierte sie mit den Worten: „Im Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments hat sie vier von fünf Sitzungstagen geschwänzt, im Haushaltskontrollausschuss sogar neun von zehn Sitzungstagen.“

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