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Politik: „Feuer frei“

Was Fischer bisher eingestand, was er offen ließ – und wie er sich im Untersuchungsausschuss verteidigen will

Von Hans Monath

Berlin - „Was meine Verantwortung betrifft: Feuer frei!“ Mit der Geste eines Menschen, der nichts zu verbergen hat, wird Joschka Fischer am Montag vor den Untersuchungsausschuss treten. Dafür steht die Formel, die der Grünen-Politiker Anfang April bei einer Parteiversammlung in Gelsenkirchen fand. Nach langem Schweigen hat der Außenminister eigenes Versagen eingestanden und gleichzeitig Festlegungen getroffen, wann das Auswärtige Amt das Problem massenhafter Visa-Vergabe wahrgenommen und abgestellt habe. Diese Festlegungen will die Opposition im Ausschuss als falsch entlarven.

Zwei Fehler als Minister hat Fischer Ende Februar öffentlich bekannt. Unter seiner Verantwortung seien im Herbst 1999 zwei Erlasse herausgegeben worden, die von der Vorgängerregierung hinterlassene „missbrauchsanfällige Instrumente“ der Visa-Politik „noch missbrauchsanfälliger gemacht“ hätten. Zweitens habe er vor allem an der Botschaft Kiew in den Jahren 2000 bis 2002 „nicht schnell, nicht entschlossen und nicht umfassend genug als verantwortlicher Minister gehandelt“.

Gleichzeitig behauptet Fischer, die Probleme seien vom Außenministerium aus eigenem Antrieb „völlig unabhängig vom Untersuchungsausschuss spätestens im Frühjahr 2003 definitiv geändert“ worden. Zu Berichten, wonach „die alten Zustände“ (Fischer) an den Botschaften länger angehalten hätten als bis 2003, sagt der Minister: „Das ist falsch.“ Bei weltweit drei Millionen Visa pro Jahr gebe es aber keine Garantie dafür, „dass nicht irgendwo ein Problem auftaucht“.

Bislang ausgelassen hat der Politiker die Frage, wann er selbst mit dem Problem der massenhaften Schleusung mit echten Visa, die ohne Berechtigung vergeben wurden, konfrontiert wurde. Es ist bekannt, dass der Außenminister im Juni 2000 die Visa-Stelle der Botschaft in Kiew besuchte und die Schlangen sah. Dazu sagt Fischer, er habe die chaotischen Zustände auf ein „Ressourcenproblem“ zurückgeführt und es durch die Bewilligung von mehr Personal lösen wollen.

Unions-Obmann Eckart von Klaeden (CDU) listete am Freitag noch einmal die entscheidenen Fragen auf, zu denen sich der prominente Zeuge vom Montag vor dem Gremium verhalten müsse: „Erstens.Wie ist es dazu gekommen? Zweitens. Warum ist es so lange nicht wahrgenommen worden? Drittens. Warum ist es so unzureichend abgestellt worden, welche Probleme gibt es noch heute?“

Günstig für Fischer ist: Von den Mitarbeitern der Leitungsebene im Auswärtigen Amt hat keiner berichtet, er habe den Chef persönlich auf Berichte über Visumserschleichungen in Kiew oder auf Protestbriefe von Botschaften hingewiesen oder sie ihm gar vorgelegt. Auch im Hinblick auf andere Angriffspunkte wurde von Mitarbeitern immer verbreitet: Wir haben die Akten durchgesehen. Es gibt nichts, was den Minister direkt belastet.

Die Verteidigungslinie hat Fischer klar formuliert: „Probleme mit der Visa-Vergabe gab es bereits vor 1998, nicht erst seit dem Amtsantritt von Rot-Grün“, sagte er dem „Handelsblatt“. Das wird er wohl auch am Montag tun. Die Akten, aus denen sich Anweisungen von Vorgängern im Amt für eine liberale Visumspolitik zitieren lassen, stehen seinen Mitarbeitern zur Verfügung. Die Union argumentiert dagegen, liberale Vorgaben unter Kohl/Kinkel seien nicht gleichzusetzen mit dem Verzicht auf die strenge Prüfung von Kriterien für die Visa-Vergabe, die erst Fischer ermöglicht habe.

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