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Finanzämter: Personalmangel beschert Staat Milliardeneinbußen

Weil Finanzbeamte fehlen, entgehen dem Staat jährlich womöglich Steuereinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe. Vor allem bei den Betriebsprüfungen mangelt es.

Um Unternehmen und Steuerzahler gesetzesgemäß zu prüfen würden derzeit 130.000 Mitarbeiter gebraucht – es seien jedoch nur etwa 115.000 Stellen besetzt, berichtete die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft zur Personalbedarfsberechnung der Bundesländer. "Kein Bundesland erfüllt derzeit den tatsächlichen Bedarf", sagte Gewerkschaftschef Dieter Ondracek. Er schätzt, dass dem Staat jährlich etwa 30 Milliarden Euro an Steuern entgehen.

Die Ämter vernachlässigen dem Bericht zufolge vor allem die Betriebe. Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di fehlen allein 3050 Betriebsprüfer und 420 Steuerfahnder. "Gemessen an den 13.800 Beschäftigten in der Betriebsprüfung und den 2570 Fahndern ist dies ein erheblicher Fehlbestand", betonte ein ver.di-Vertreter. Vor allem Kleinbetriebe und Einzelunternehmer, deren Zahl sich in den vergangenen 20 Jahren stark erhöht hat, müssten seltener mit Besuch von einem Prüfer rechnen.

Die Finanzbeamten im Außendienst seien jedoch besonders effektiv: Im Schnitt treibe ein Steuerfahnder jährlich knapp eine Million Euro zusätzlich ein. Bei einem Betriebsprüfer seien es gut 1,2 Millionen Euro, berichtete die Zeitung weiter.

Der Staat verzichte "Jahr für Jahr auf Milliardeneinnahmen, weil er nicht genug Steuerfahnder und Prüfer einsetzt", beklagte Gewerkschaftschef Frank Bsirske. Er sprach von einem "organisierten Steuervollzugsdefizit".

Steuergewerkschaftler Ondracek wies darauf hin, dass die Finanzbeamten vor allem im Innendienst mehr Fälle zu bearbeiten hätten, weil knapp 1,5 Millionen Rentner erstmals Steuern zahlen müssten. Er befürchtet, dass sich der Steuervollzug weiter verschlechtert: "Die Zahl der Ausbildungsplätze reicht nicht aus, um den zunehmenden Abgang der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand auszugleichen", sagte Ondracek. Zugleich würden wegen des Mangels an Fachkräften Unternehmen künftig noch stärker als bisher Steuerbeamte abwerben.

Als Hauptgrund für die schlechte Personalausstattung gilt laut Süddeutsche Zeitung die Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern: Für das Personal in den Finanzämtern sind die Länder zuständig. Sie berechnen, wie viele Mitarbeiter nötig wären, um Unternehmen und Steuerzahler gesetzesgemäß zu prüfen. Stellen die Länder mehr Prüfer ein, haben sie höhere Personalkosten – von den Mehreinnahmen bleibt ihnen aber wenig übrig.

Quelle: ZEIT ONLINE, AFP, dpa

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