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Finanzkrise: Bundestag erhöht Druck auf Steuerflüchtlinge

Letzter Tag für die Bundestagsabgeordneten vor der Sommerpause. Was noch beschlossen wurde? Im Kampf gegen Steuerflucht gelten in Deutschland künftig strengere Regeln.

Der Bundestag beschloss mit den Stimmen von Union und SPD die Gesetzespläne zur Errichtung sogenannter Bad Banks. Damit können Banken ihre wertlosen und damit riskanten Wertpapiere in sogenannte Zweckgesellschaften auslagern, um ihre Bilanzen zu bereinigen. Der Bundesrat muss noch darüber abstimmen, seine Billigung gilt als sicher.

Am Ende sollen die Bad Banks die Geldinstitute in die Lage versetzen, sich gegenseitig sowie den Unternehmen wieder Kredite zu gewähren. Interessant könnte die Bilanzbereinigung vor allem für die Commerzbank und die Postbank sein. Aber auch einige der schwer angeschlagenen Landesbanken stehen bereit.

Im Landesbankenlager hatte die WestLB mit der Auslagerung riskanter Papiere im Volumen von 23 Milliarden Euro in eine Auffanggesellschaft eine Vorreiterrolle gespielt. Dort sollen weitere 80 Milliarden Euro ausgegliedert werden. Die HSH Nordbank will Problempapiere und Geschäftsbereiche im Wert von rund 100 Milliarden Euro von der Kernbank abkapseln.

Die riskanten Geldanlagen und Finanzprodukte waren Auslöser der Finanzkrise und belasten die Banken. Experten gehen davon aus, dass solche Papiere im Wert von von 230 Milliarden Euro die Bilanzen der Geldhäuser drücken.

Im Gegensatz zu den Privatbanken können gemäß dem neuen Regelwerk die teils maroden Landesbanken daneben auch ganze Geschäftsfelder abgeben (siehe Infobox). Für Privatbanken wiederum gilt mit dem 30. Juni 2008 ein früherer Stichtag zur Auslagerung der Giftpapiere. Je früher der Stichtag, desto wertvoller die Papiere, was einen Vorteil bedeutet. Es kann also ein größeres Volumen ausgelagert werden. Allerdings erhöht sich dadurch auch das Risiko, dass am Ende der Aktion auch größere Verluste anfallen.

Der Bundestag befasste sich zudem mit dem Kampf gegen Steuerhinterziehung: Geschäfte mit unkooperativen Staaten oder intransparenten Finanzzentren werden in Deutschland künftig deutlich erschwert, wie das Parlament in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause beschloss. Die Gesetzespläne von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) treten damit in Kraft – nach langem Koalitionsstreit allerdings deutlich entschärft.

Unternehmen und Spitzenverdiener, die mit sogenannten Steueroasen Geschäfte machen, rücken künftig stärker ins Visier der Finanzämter. Für sie gelten strengere Auflagen, sie müssen den Fiskus umfassend informieren. Andernfalls könnten sie in bestimmten Fällen steuerlich stärker belastet werden und Vorteile verlieren. So können Behörden Unternehmen den Abzug von Betriebsausgaben und Werbungskosten, eine Entlastung von der Kapitalertragsteuer oder eine Steuerbefreiung für Dividenden verweigern.

Finanzämter dürfen zudem härter gegen Spitzenverdiener im Inland vorgehen. Auch ohne besonderen Anlass sollen Steuerprüfungen gestattet sein bei Privatleuten mit Jahreseinkünften von mehr als 500.000 Euro. Auch sollen sie Aufzeichnungen und Unterlagen über ihre Einkünfte sechs Jahre lang aufheben.

"Steuerbetrug ist kriminell"

Vor der Abstimmung hagelte es Kritik aus der Opposition. Die FDP sprach von einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte der Bürger sowie einem reinen "Show-Gesetz". Die Linkspartei warf der Koalition vor, zu spät tätig geworden zu sein. Auch seien strengere Auflagen erforderlich. Die Grünen kritisierten, dass das Gesetz wieder entschärft worden sei. Es sei lediglich ein Minimalkonsens von Union und SPD.

Steinbrück verwies dagegen darauf, dass mehrere EU-Länder bereits über einen solchen "Instrumentenkasten" verfügten. Steuerbetrug sei kriminell. "Wer Steuern hinterzieht, der schadet dem Gemeinwesen und verhöhnt den Rechtsstaat, und er macht den Staat schwächer in einer Zeit, wo dieser Staat mehr denn je handlungsfähig sein muss", sagte der SPD-Politiker. Inzwischen wollten dank des internationalen Drucks 84 Länder die OECD-Standards zum Informationsaustausch über Steuerhinterziehung anerkennen.

Experten schätzen, dass dem deutschen Staat jährlich 100 Milliarden Euro durch Steuerflucht entgehen. Auch auf internationaler Ebene hat sich der Druck auf Steueroasen seit Längerem deutlich erhöht. Mehrere Industrieländer loten ebenfalls Sanktionen aus. Unter anderem die Schweiz, Luxemburg, Österreich und Belgien, die lange in der Kritik standen, sind inzwischen bereit, OECD-Standards einzuhalten. Sie standen als Steueroasen auf einer "grauen Liste" mit unkooperativen Staaten. Deutschland pocht darauf, dass diese Absicht auch umgesetzt wird.

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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