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Steinbrück Merkel

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Finanzkrise: Jahrmarkt der Konjunktur-Vorschläge: Merkel und Steinbrück warten ab

Über zu wenig gute Ratschläge aus Wirtschaft und Politik kann sich die Kanzlerin momentan nicht beklagen: Eine der umstrittenen Ideen ist die Verteilung von Konsumgutscheine. Aber Angela Merkel und ihr Kompagnon Steinbrück bleiben bei ihrer Linie.

Politiker und Ökonomen überschlagen sich mit Vorschlägen, wie die aus ihrer Sicht zögerliche Bundesregierung mit neuen Milliarden die Wirtschaftskrise eindämmen könnte. In der Vorweihnachtszeit haben Ideen für Konsumgutscheine Hochkonjunktur - ob 125 Euro für Einkommensschwache oder 500 Euro für Erwachsene.

Zum Ideen-Katalog gehören auch eine Senkung der Mehrwert- oder Einkommensteuer, weniger Sozialabgaben, der Wegfall des Soli-Zuschlags, mehr Investitionen oder weitere Anreize fürs Handwerk. Der Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), mehr Geld in die Hand zu nehmen und damit anderen Industriestaaten zu folgen, wächst auch in den eigenen Reihen.

"Bloß kein hektischer Aktionismus"

Doch die Kanzlerin und ihr Kassenwart bleiben bei ihrer Linie, mit gezielten Maßnahmen gegenzusteuern und zunächst einmal die Wirkung der bisherigen Hilfen abzuwarten. "Bloß kein hektischer Aktionismus" lautet das Motto der beiden. Zumal das jüngste Konjunkturpaket von etwa elf Milliarden Euro - darunter der Kfz-Steuerbonus, Steuererleichterungen für Firmen bei Neuanschaffungen und bei privaten Handwerkerrechnungen - noch nicht einmal endgültig verabschiedet ist. Die Bundesländer sperren sich. Sie wollen weniger Kosten der Konjunkturhilfen tragen als der Bund für sie plant.

Beim CDU-Parteitag hatte Merkel zu Wochenbeginn klar gestellt, Deutschland werde sich "alle Optionen offen halten" und wenn nötig "auch blitzschnell" handeln. Auch die SPD gibt sich entschlossen. In Anspielung auf Merkel setzte SPD-Chef Franz Müntefering noch eins drauf und kündigte vollmundig an, die SPD könne notfalls "blitzblitzschnell" handeln.

Berlin hält mit eigener Rechnung gegen

Im Überbietungswettbewerb der EU-Länder und anderer wichtiger Volkswirtschaften, die mit der Auslobung immer größerer Milliardenbeträge Tatkraft demonstrieren, hält Berlin mit einer Rechnung gegen: Auf 31 Milliarden Euro summierten sich schließlich die Maßnahmen, die die Bundesregierung bereits beschlossen habe. Allerdings zählen dazu solche Entlastungen, die auch ohne die Konjunkturkrise beschlossen worden wären - etwa mehr Kindergeld und ein höherer Kinderfreibetrag sowie niedrigere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

Natürlich beobachtet die Bundesregierung die Entwicklung. Die Schwierigkeit sei aber, dass die beinahe stündlich wechselnden Prognosen der zahlreichen Ökonomen kein klares Bild abgeben, wie ein Regierungsmitglied klagt. Nach der optimistischen Variante kann die schärfste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten schon Ende des kommenden Jahres wieder überwunden sein. Pessimisten reden dagegen von einer lang andauernden Rezession mit weitreichenden Folgen.

Erste Zwischenbilanz im neuen Jahr

Die Berliner Koalitionäre wollen am 5. Januar in Berlin zusammenkommen und eine Art erste Zwischenbilanz ziehen. Um weitere Konjunkturhilfen zu beschließen, sei das Treffen in schon einem Monat eigentlich viel zu früh, wird auch innerhalb der Regierung eingeräumt. Zu diesem Zeitpunkt sei schließlich noch gar nicht absehbar, wie die beschlossenen Programme wirken.

Die frühe Januar-Runde ist eher ein rein politischer Termin. Es gilt, vor den Klausurtagungen der Koalitions-Parteien im Januar möglichst eine gemeinsame Linie zu finden. Ein vielstimmiger Chor soll nicht angestimmt werden und der Wunsch- und Forderungskatalog aus den Koalitionsreihen nicht allzu üppig und strittig ausfallen. Vom 7. Januar an tagt die CSU-Landesgruppe in Kreuth, der CDU-Vorstand kommt am 9. in Erfurt zusammen, die SPD-Spitze am 7. und 8. Januar in Berlin.

"Erst Ostern wird es interessant"

Die im Moment heftig umstrittenen Konsumgutscheine könnten aus Sicht einiger Koalitionspolitiker ein Weg sein. Das Problem sind aber Kosten und Zeitpunkt. Die Schecks könnten dann in Betracht gezogen werden, wenn die Konjunktur schon längere Zeit in einer tiefen Talsohle steckt. Niedrigere Tarife bei der Einkommensteuer wiederum kämen nur einem Teil der Arbeitnehmer zugute. Eine Senkung der Mehrwertsteuer wäre nicht nur kostspielig. Fraglich wäre auch, ob der Handel sie mit niedrigeren Preisen weitergibt. Vor allem aber wäre es schwer, sie nach zwei Jahren wieder anzuheben. Aus heutiger Sicht ist am wahrscheinlichsten, dass bei Investitionen nachgelegt wird. Entschieden werden dürfte darüber aber erst im Frühjahr. "Erst vor Ostern wird es interessant", sagt ein hochrangiger Koalitionspolitiker.

Ulrich Scharlack, André Stahl[dpa]

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