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Finanzpolitik: Frankreich: Haushaltsdefizit ist deutlich höher als erwartet

Die französische Regierung rechnet im Zuge der Wirtschaftskrise mit einem Defizit von 7,5 Prozent. Die Neuverschuldung wäre damit mehr als doppelt so hoch als von der EU erlaubt.

Frankreich wird 2009 stärker gegen die Maastrichter Stabilitätskriterien verstoßen als bislang angenommen. Das zuständige Ministerium rechnet für das laufende Jahr mit einem Haushaltsdefizit von bis zu 7,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zuletzt war offiziell von 5,6 Prozent die Rede.

Die neue Schätzung entspreche einem Betrag von 140 Milliarden Euro, sagte Budgetminister Eric Woerth im französischen Rundfunk. Auch im kommenden Jahr dürften sinkende Steuereinnahmen und die steigende Arbeitslosigkeit das Defizit ähnlich hochhalten, sagte Woerth.

"Dieses Defizit stellt sowohl die Kosten der Krise als auch den Preis für eine Erholung dar", sagte der Minister. Die Steuereinnahmen von Unternehmensseite fielen in diesem Jahr um mehr als die Hälfte niedriger aus als die üblichen rund 50 Milliarden Euro.

Nach den Maastrichter Stabilitätskriterien darf die Summe aller neu aufgenommenen Schulden eines EU-Staates (Neuverschuldung) nicht größer sein als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes.

Frankreich hatte kürzlich bereits vorgeschlagen, wegen der Wirtschaftskrise die Maastrichter Stabilitätskriterien zu lockern. "Wir sollten über eine gesonderte Behandlung der Schulden nachdenken, die derzeit als Folge der Krise entstehen", sagte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde im Gespräch mit der "Financial Times Deutschland".

Keine positiven Aussichten verkündete Woerth auch für die französische Sozialversicherung. Dort könnte das Defizit im Jahr 2010 auf bis zu 30 Milliarden Euro steigen. Dies entspräche einem Anstieg von zehn Milliarden Euro gegenüber den veranschlagten 20 Milliarden Euro für 2009. Grund sei der Anstieg der Arbeitslosigkeit, sagte der Minister.

Für dieses Jahr rechnet das nationale Statistikamt Insee mit einem Einbruch der Wirtschaft von drei Prozent. Zur Stützung der Konjunktur hat die französische Regierung Hilfen von mehr als 28 Milliarden Euro in Aussicht gestellt.

Jedoch habe Frankreich wohl das Schlimmste der Krise hinter sich. 2010 erwartet Woerth wieder ein leichtes Wirtschaftswachstum von 0,5 Prozent.

Gegen Frankreich läuft seit Februar ein Defizit-Strafverfahren der EU-Kommission.

Auch Deutschland wird in diesem und im kommenden Jahr gegen die Maastrichter Stabilitätskriterien verstoßen. Die Neuverschuldung werde 2009 etwa 3,9 Prozent des BIP betragen und im kommenden Jahr sogar 5,9 Prozent, teilte die EU-Kommission in ihrem Frühjahrs-Konjunkturgutachten mit.  

ZEIT ONLINE, sh, dpa, Reuters

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