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Pinkwart

© dpa

Finanzpolitik: Mehrwertsteuer: Allein im Hotel

FDP-Vize Andreas Pinkwart findet für seinen Steuer-Vorstoß in der eigenen Partei keinen Rückhalt.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Wer das Ausmaß der miesen Stimmung ermessen wollte, die beim Treffen der FDP-Führung an diesem Montag in Berlin herrschte, musste nicht an der Tür lauschen. Allein die Tatsache, dass nach der Sitzung des Parteipräsidiums erst der FDP-Vorsitzende, Guido Westerwelle, und gleich darauf sein Stellvertreter Andreas Pinkwart getrennt die Presse über die Inhalte der Präsidiumssitzung unterrichteten, macht deutlich: Es gab Krawall. Nicht so sehr im wörtlichen Sinn vielleicht, dafür aber politisch umso deutlicher. Denn nicht weniger als schon mal vorsorglich den Schwarzen Peter für eine verlorene Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen musste sich Andreas Pinkwart ganz persönlich von der FDP-Führung zuschieben lassen. Als „schlecht“ und „hoch riskant“ stuften Westerwelle und die anwesenden FDP-Spitzenfunktionäre Pinkwarts Versuch vom Wochenende ein, der seit beinahe 100 Tagen anhaltenden Kritik an der Politik der schwarz-gelben Bundeskoalition wenigstens etwas entgegenzusetzen.

Obwohl – und vielleicht auch gerade weil – er selbst im letzten Herbst die Halbierung des Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen mit in den Koalitionsvertrag von Union und FDP hineinverhandelt hatte, will Pinkwart denselben nun schnellstmöglich wieder loswerden. Heftig kritisiert wurden er und seine Liberalen im Land für die Klientel-Steuersenkung. Drei Monate vor der Wahl sind die Umfragewerte im Keller. Ein „bürokratisches Monster“ nennt Pinkwart nun die Steuersenkung und will sie „aussetzen“, zu gut Deutsch: wieder abschaffen – vier Wochen nachdem sie in Kraft getreten ist.

„Gute Politik“, begründet der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende, zeichne sich dadurch aus, dass sie sich korrigiert, wenn sie Fehler macht. Ohne Vorwarnung hatte er am Samstag seinen Parteifreunden offenbar dazu verhelfen wollen, gute Politiker zu werden.

Westerwelle, Dirk Niebel, Phillip Rösler, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und die FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger wollten allerdings keine gute Politiker im Sinne Pinkwarts werden. Sie lehnten dessen Vorstoß unumwunden ab. Und: Sie ließen ihn spüren, dass er ganz allein dafür wird geradestehen müssen, wenn die FDP nach dem 9. Mai in Düsseldorf nicht mehr mitregiert. Was nicht nur schädlich für die Landes-, sondern auch für die Bundes-FDP wäre. Schließlich fehlt der schwarz-gelben Koalition im Bund ohne gleichfarbige Landesregierung in NRW die Ländermehrheit. Schon fantasieren besorgte Liberale von einer CDU-Kanzlerin, die in den nächsten drei Jahren kopfschüttelnd sämtliche Initiativen ihrer mitregierenden FDP – eine große Steuerreform oder eine große Gesundheitsreform und anderes – ablehnen werde, weil man ja keine Mehrheit im Bundesrat mehr habe. Was die FDP dann selbst verschuldet haben wird, selbstverständlich. Nicht auszumalen die Folgen für die nächste Bundestagswahl: Guido Westerwelle wäre dann vier Jahre Außenminister und hätte weder die Steuern gesenkt noch ein Bürgergeld und schon gar keine Gesundheitsreform umgesetzt. Und das alles nur, weil Andreas Pinkwart jetzt nicht die Nerven hat, eine bürokratische Steuersenkung für eine einzige Branche ein paar Monate lang standhaft gegen die Kritiker als wachstumsbeschleunigendes Krisenbekämpfungsinstrument zu loben?

Als „Einzelmeinung“ kanzelte Westerwelle den Vorstoß seines Stellvertreters aus Düsseldorf am Montag ab. Und vom schleswig-holsteinischen FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hagelte es noch eine besonders böse Klatsche obendrauf. Im letzten Herbst, da war es Kubicki, der das bürokratische Milliarden-Steuergeschenk an die Hotel-Lobby kritisierte – und zwar vor dessen Verabschiedung im Bundesrat. Dafür hatte er damals selbst Ärger mit der FDP-Führung. Nun adressierte Kubicki an Pinkwart: Wer ein selbst initiiertes Gesetz einen Monat nach der Verabschiedung zurückholen will, der „weckt möglicherweise berechtigte Zweifel an seiner Kompetenz, sich überhaupt mit Anspruch auf Beachtung in Steuerfragen zu Wort zu melden“.

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