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Finanzprobleme: Milliardenloch in den Sozialkassen

Wegen Ausgaben für Kurzarbeit und Arbeitslose hat sich das Defizit von Arbeitslosen-, Renten, Kranken- und Pflegeversicherung vom ersten zum zweiten Quartal dieses Jahres mehr als verdoppelt.

Berlin - Die Finanzkrise macht den Sozialkassen immer stärker zu schaffen. Durch höhere Arbeitslosenzahlen und Kurzarbeit hat sich das Defizit von Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung vom ersten zum zweiten Quartal dieses Jahres mehr als verdoppelt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag es zur Jahresmitte bereits bei 9,2 Milliarden Euro – damit fehlen der gesetzlichen Sozialversicherung 7,1 Milliarden Euro mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Einnahmen stiegen um 1,7 Prozent auf 238 ,8 Milliarden, die Ausgaben dagegen um 4,7 Prozent auf 248 Milliarden Euro.

Verantwortlich für das Finanzloch sind fast ausnahmslos die Verluste der Bundesagentur für Arbeit. Ihre Einnahmen sanken im Vergleich zum ersten Halbjahr 2008 um 30,6 Prozent, die Ausgaben stiegen um 19,2 Prozent – macht ein Minus von zehn Milliarden Euro. Die Rentenversicherung dagegen kam nur auf ein Defizit von 0,8 Milliarden. Und Kranken- und Pflegeversicherung landeten sogar noch im Plus – erstere mit 1,2 Milliarden, letztere mit 400 Millionen Euro.

Als Hauptgrund für die Probleme der Bundesagentur nennen die Statistiker den Beschluss, den Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung zum Jahresbeginn um 0,5 Punkte auf 2,8 Prozent zu senken. Dadurch verringerten sich die Beitragseinnahmen um 15,6 Prozent. Erschwerend kam hinzu, dass der Bund seinen Anteil für die Arbeitsförderung zeitverzögert beisteuern durfte. Fürs Arbeitslosengeld dagegen musste die Bundesagentur krisenbedingt 8,7 Milliarden drauflegen – 12,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Leistungen für konjunkturelle Kurzarbeit stiegen um mehr als eine Milliarde.

Die Krankenversicherung dagegen profitierte von dem auf 14,9 Prozent festgelegten Einheitssatz, der für die Mitglieder vormals günstigerer Kassen seit Anfang des Jahres einen mitunter happigen Beitragsanstieg bedeutete. Außerdem durften für den neu installierten Gesundheitsfonds die monatlichen Bundeszuschüsse vorgezogen werden. Im Verhältnis dazu wog der Ausgabenanstieg der Krankenkassen um 6,1 Prozent weniger schwer.

Für die Pflegekassen waren die Beiträge bereits im Juli 2008 erhöht worden – von 1,7 auf 1,95 Prozent und für Kinderlose von 1,95 auf 2,2 Prozent. Dadurch flossen der Versicherung allein 15,2 Prozent mehr zu. Die Ausgaben für die Pflege jedoch stiegen nur um sechs Prozent.

Mit der Krise ist auch die Zahl der Sozialhilfeempfänger weiter gestiegen. Zum Jahresende 2008 erhielten in Deutschland 325 000 Personen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, das sind vier Prozent mehr als im Vorjahr. 72 Prozent der Hilfeempfänger lebten in Wohn- oder Pflegeheimen. Das sind 3,8 Prozent mehr als 2007 – der höchste Stand seit der Hartz-IV-Reform vor vier Jahren. Die Zahl der nicht in Heimen lebenden Empfänger stieg um 4,4 Prozent. In Berlin lag der Anteil der Hilfeempfänger mit 6,4 von 1000 Einwohnern am höchsten, in Baden-Württemberg mit 1,4 am niedrigsten. Im Bundesmittel erhalten vier von 1000 Einwohnern Sozialhilfe. Rainer Woratschka

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