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Nach bezahlten Urlauben und anderen Skandalen: Christian Wulffs Ex-Frau gerät auch in den Fokus der Ermittlungen. Die Juristin wurde von einer Anwaltskanzlei angestellt - hat aber für eine Wirtschaftsprüfungsfirma gearbeitet. Die seltsame Konstruktion bringt die Arbeitgeber in Erklärungsnot. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

© dapd

Firmen bestreiten Scheinarbeitsverhältnis: Staatsanwaltschaft prüft Anstellung von Wulffs Ex-Frau

Neuer Verdacht in der Affäre um den zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff: Das Arbeitsverhältnis seiner Ex-Frau wirft Fragen auf. Die Juristin wurde bei einer Kanzlei angestellt - hat aber nie dort gearbeitet.

Die Staatsanwaltschaft Hannover untersucht, ob bei dem Wiedereinstieg in das Berufsleben der ersten Ehefrau Christian Wulffs alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Nach der Scheidung des Ehepaares wurde Christiane Wulff im November 2008 formal bei der Osnabrücker Rechtsanwaltskanzlei Schindhelm angestellt, ohne jemals für diese tätig geworden zu sein. Die Kosten der Anstellung übernahm von Anfang an die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), die Frau Wulff nach Angaben der Gesellschaft als Halbtagskraft einsetzte. „Die Staatsanwaltschaft Hannover prüft diesen Sachverhalt auf seine strafrechtliche Relevanz“, teilte deren Sprecher Hans-Jürgen Lendeckel der „Welt am Sonntag“ mit.

Ins Visier der Ermittler gerät dem Bericht zufolge Norbert Winkeljohann, Vorstandssprecher von PwC in Deutschland. Er hatte mit dem Ehepaar Wulff bis zur Scheidung in derselben Straße in Osnabrück gewohnt und die Anstellung Christiane Wulffs eingefädelt. Die ungewöhnliche Konstruktion begründet Winkeljohann in „Welt am Sonntag“ mit der Angst vor medialer Aufmerksamkeit: „Um nicht Gegenstand der Berichterstattung zu werden, erfolgte die Anstellung durch Schindhelm. Die Arbeit von Frau Wulff fiel ausschließlich bei PwC an.“ Offenbar war somit nie geplant, dass Frau Wulff trotz Anstellung für Schindhelm tätig werden sollte. PwC räumt in einem Schreiben an die Zeitung ein, dass Schindhelm „keinen Bedarf an einer Juristin als Halbtagskraft“ hatte. Ein Ermittler sagte der Zeitung, die Sache „stinkt zum Himmel“.

Sowohl Schindhelm als auch PwC bestreiten laut dem Bericht energisch, dass ein Scheinarbeitsverhältnis vorgelegen habe. Seit 1. März ist Christiane Wulff bei PwC angestellt. Rückblickend bedauert das Unternehmen allerdings die Konstruktion: „Faktisch gab es keinen Grund, weshalb Frau Wulff nicht direkt bei PwC hätte eingestellt werden können.“

Auch der Sylt-Urlaub des Ex-Bundespräsidenten wirft weiter Fragen auf. Bei den Ermittlungen gegen Christian Wulff erhofft sich die Staatsanwaltschaft offenbar Aufklärung durch gesicherte Telefondaten. Damit wollen die Ermittler herausfinden, wie und wann der CDU-Politiker mit dem Filmproduzenten David Groenewold kommuniziert hat, berichtet der „Spiegel“ vorab. Der Filmunternehmer hatte Wulff zwei Urlaubsaufenthalte auf Sylt vorfinanziert. Später soll der damalige niedersächsische Regierungschef die Kosten bar zurückgezahlt haben. Als der Bundespräsident deshalb Anfang des Jahres unter Druck geriet, verlangte Groenewold vom entsprechenden Hotel auf Sylt die Herausgabe einer Kopie der Hotelrechnung. Sollte dieser Vorgang mit Wulff abgesprochen gewesen sein, könnte dies den Druck auf den Ex-Präsidenten im laufenden Ermittlungsverfahren erhöhen.

Die Telefondaten waren bei Durchsuchungen im Wohnhaus von Wulff am Freitag sichergestellt worden. Die Staatsanwaltschaft wollte sich auf Anfrage am Sonntag nicht zu einzelnen Ermittlungsschritten äußern.

Der frühere Bundespräsident Horst Köhler nimmt einem Pressebericht zufolge seinen Ehrensold nicht in Anspruch. Nach Informationen der Zeitung „Bild am Sonntag“ will Köhler, der 2010 von seinem Amt zurücktrat, dadurch Doppelbezüge vermeiden. Ungewiss sei aber, auf wie viel Geld Köhler tatsächlich verzichte. Als Präsident des Sparkassenverbands und Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) könnte er Pensionsansprüche erworben haben, die den Ehrensold sogar übersteigen, berichtete die „Bild am Sonntag“.

In der Diskussion um den Ehrensold von Bundespräsident Christian Wulff forderte der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim den Haushaltsausschuss des Bundestages auf, dem ehemaligen Staatsoberhaupt Zuwendungen zu verweigern. „Christian Wulff ist unehrenhaft aus dem Präsidentenamt ausgeschieden. Er wird kaum mehr nachamtliche Repräsentationspflichten für Deutschland glaubwürdig ausüben können. Von daher sollte er keine Zusatzleistungen wie Büro, Personal und Dienstwagen erhalten“, sagte von Arnim.

Die politische Geschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, legte Wulff in der „Bild am Sonntag“ nahe, auf den Ehrensold zu verzichten. „Früher hat Christian Wulff selbst eine Kürzung des Ehrensolds gefordert, und in der Bevölkerung gibt es keinerlei Verständnis für jährlich knapp 200 000 Euro für einen gescheiterten Bundespräsidenten“, sagte Lemke. Der FDP-Generalsekretär Patrick Döring sagte der Zeitung, nach der Wahl des nächsten Bundespräsidenten könne debattiert werden, „die Altersbezüge des Bundespräsidenten neu zu regeln“. (dapd/AFP)

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