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Politik: Flecken auf der Weste der Saubermänner

Von Tobias Symanski Die mit Spannung erwartete Grundsatzrede des US-Präsidenten zu den Bilanzbetrügereien US-amerikanischer Unternehmen verpuffte nicht nur ungehört an den Börsen. Kritiker bemängeln auch, dass George W.

Von Tobias Symanski

Die mit Spannung erwartete Grundsatzrede des US-Präsidenten zu den Bilanzbetrügereien US-amerikanischer Unternehmen verpuffte nicht nur ungehört an den Börsen. Kritiker bemängeln auch, dass George W. Bush wohl der falsche Mann sei, um an das moralische Gewissen der mächtigen Konzernlenker zu appellieren. Denn seit vielen Jahren haftet dem Texaner der Ruf an, ein Freund windiger Wirtschaftsbosse zu sein. Männerbünde, Seilschaften und geheime Absprachen, so würde in Washington Politik gemacht, kritisieren Bushs Gegner.

Die Vorwürfe ziehen sich durch Bushs gesamte politische Karriere. Ausgerechnet jetzt wird wieder daran erinnert, dass der Texaner im Jahr 1989 selbst unter Insiderverdacht stand. Damals versuchte die US-Firma Harken Energy einen Verlust durch fingierte Transaktionen zu vertuschen. Bevor die Sache aufflog, verkaufte ein Harken-Boss einen Großteil seiner Anteile für 848 000 Dollar: George Bush. Auch als Gouverneur von Texas habe Bush „sechs Jahre lang der Industrie die Füße geküsst“, schrieb die kalifornische Zeitung „Mercury News".

Den größten schwarzen Fleck auf seiner Weste hatte sich der Präsident jedoch mit dem Fall Enron eingefangen. Denn die schwerste Pleite in der US-Geschichte legte nicht einfach nur Schwächen bei den US-Bilanzierungsregeln und kriminelle Machenschaften von US-Managern frei, sondern zeigte auch auf, wie stark die Kontakte der Wirtschaft ins Weiße Haus sind. Heute meidet der Präsident jeden Kontakt mit dem Thema Enron. Von seinem ehemaligen Freund und Enron-Gründer Kenneth Lay hat er sich losgesagt. Aber es ist nicht allzu lange her, dass Bush einen starken persönlichen Kontakt zu „Kennyboy“ pflegte. Schließlich hatte der ehemalige Chef des größten Energiehändlers in den USA den Republikanern seit 1990 über vier Millionen Dollar gespendet.

Besonderes Interesse hat die demokratische Opposition im Enron- Untersuchungsausschuss an der Energiekommission von Vizepräsident Dick Cheney. Das Gremium war maßgeblich am Energiepaket der Regierung beteiligt, das im letzten Jahr vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde. Demnach sollen in den nächsten zehn Jahren 1300 neue Kraftwerke gebaut werden. Dabei wird die Industrie mit Steuererleichterungen in Höhe von 30 Milliarden US-Dollar unterstützt. Delikat an der Sache ist, dass sich zur gleichen Zeit Vertreter von Cheneys Energiekommission viele Male mit Enron-Managern trafen. Doch es kommt noch dicker. Ausgerechnet am Dienstag, dem Tag der Bush-Rede, hat nun auch ein US-Anwaltsbüro angekündigt, US-Vizepräsident Dick Cheney sowie den von ihm vormals geleiteten Konzern Halliburton wegen Bilanzfälschung zu verklagen. Das Anwaltsbüro Judicial Watch teilte mit, das Treiben von Cheney habe dazu geführt, „dass die Aktien der Gesellschaft überbewertet und in der Folge Investoren und andere getäuscht wurden". Cheney war von 1995 bis 2000 Vorsitzender und Geschäftsführer von Halliburton. Bereits im Mai hatte die US-Wertpapieraufsicht SEC Untersuchungen bei Halliburton wegen der Buchungspraxis des Konzerns eingeleitet. Das Unternehmen mit Sitz in Dallas ist eine Baufirma, die sich auf die Einrichtung von Ölfeldern spezialisiert hat. Da diese Anlagen zumeist mit hohen Kosten verbunden sind, die von Halliburton getragen werden müssen, begann die Firma im Jahr 1998 damit, erwartete Einnahmen als Umsatz zu verbuchen. Faktisch war das Geld jedoch noch gar nicht eingetroffen.

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