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Flüchtlinge

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Flüchtlinge: Rom ruft nationalen Notstand aus

Im ersten Halbjahr kamen mehr als doppelt so viele Bootsflüchtlinge nach Süditalien wie im Vergleichszeitraum 2007.

Rom - Die italienische Regierung von Silvio Berlusconi hat angesichts der starken Zunahme illegaler Einwanderer im Süden des Landes den nationalen Notstand ausgerufen. Dieser Schritt soll den lokalen Behörden mehr Mittel an die Hand geben, den erheblichen Andrang von Bootsflüchtlingen zu bewältigen. Innenminister Roberto Maroni wolle in allen Landesteilen neue Aufnahmezentren errichten lassen, berichtete die Tageszeitung „La Repubblica“ am Samstag. Nach Angaben des Ministeriums kamen im ersten Halbjahr 2008 mehr als 10 600 Bootsflüchtlinge an – doppelt so viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Damals waren es 5378.

Bei der jüngsten Flüchtlingswelle kamen innerhalb weniger Stunden nahezu 400 illegale Einwanderer in Süditalien an. Ein Nigerianer berichtete nach der Ankunft auf Sizilien, bei der Überfahrt von Libyen aus seien sein zweijähriger Sohn und seine vierjährige Tochter gestorben. Auf Sardinien seien 150 Flüchtlinge angekommen, auf der Insel Lampedusa seien es 230 gewesen. Ebenfalls in der Nacht zum Samstag kamen 72 Bootsflüchtlinge auf der spanischen Kanareninsel La Gomera an, am Vortag waren es 80 Menschen.

Erstmals wurde in Italien im Jahr 2002 wegen der Flüchtlingswellen ein landesweiter Notstand erklärt, der jährlich – und damit auch während der Mitte-Links-Regierung von Romano Prodi – verlängert worden ist. Weil die Aufnahmelager im Februar 2008 ausreichend erschienen, hatte die Regierung Prodi den Notstand auf die drei Südregionen Kalabrien, Sizilien und Apulien begrenzt. Dies hat die Regierung Berlusconi auf Antrag des Innenministeriums nun wieder auf ganz Italien ausgeweitet.

Die linke Opposition griff die Notstandsmaßnahmen scharf an, nannte sie verabscheuungswürdig und sprach von einem „Polizeistaat“. „Italien braucht keine unmenschlichen und außerordentlichen Maßnahmen“, sagte der Zentrumsabgeordnete Rocco Buttiglione nach einem Bericht der Zeitung „La Stampa“. Minister Maroni will sich am Dienstag dem Parlament stellen.

Der im April gewählte Berlusconi hat den Kampf gegen illegale Einwanderung zu einer Priorität erklärt. Ein erster Schritt war ein in dieser Woche verabschiedetes Sicherheitspaket der Regierung. Die Zahl der illegalen Einwanderer in Italien wird auf etwa 650 000 geschätzt. Jedes Jahr treten Zehntausende von Flüchtlingen von Nordafrika aus in wenig seetüchtigen Booten die gefährliche Überfahrt nach Südeuropa an. dpa

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