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Föderalismuskommission: Jetzt Gesetz: Keine neuen Schulden ab 2020

Bund und Länder haben sich auf eine Verfassungsänderung verständigt. Von 2020 an sollen die Haushalte ohne Schulden auskommen. Peter Struck spricht von einer Sternstunde des Bundesstaats.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Ulrich Zawatka-Gerlach

Berlin - Bund und Länder sollen von 2020 an ohne neue Schulden auskommen. Auf dieses Grundsatzziel haben sich Union und SPD in der Föderalismuskommission II verständigt. Dafür wird das Grundgesetz geändert – der Kernsatz in einem neuen Artikel 109 lautet dann: „Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.“ Das ist kein Schuldenverbot – es soll auch weiterhin Ausnahmen zum Konjunkturausgleich und für Notzeiten geben. Wie die Kommissionsvorsitzenden Günther Oettinger (CDU) und Peter Struck (SPD) am Freitag in Berlin berichteten, soll zudem für den Bund allein ein Neuverschuldungsspielraum von 0,35 Prozent des Brutto inlandsprodukts im Jahr gelten. Das wären derzeit gut acht Milliarden Euro – im Jahr 2007, also vor der Finanzkrise, hatte der Bund 14 Milliarden Euro neue Schulden gemacht.

Die Länder dagegen wollen spätestens 2020 die Nullverschuldung erreichen. Einige schaffen das bereits früher, hoch verschuldete Länder brauchen länger. Für Berlin, Bremen, das Saarland, Schleswig- Holstein und Sachsen-Anhalt kündigten Struck und Oettinger Finanzhilfen in Hö he von 800 Millionen Euro im Jahr an, um ihnen beim Schuldenabbau zu helfen. Dafür wird ein Fonds aufgelegt, der aus Umsatzsteuermitteln gefüttert und vom Bund allein verwaltet wird. Für Berlin fallen etwa 65 Millionen Euro im Jahr ab. Der Fonds hat eine Laufzeit von 2011 bis 2019. Die fünf Länder müssen sich dafür bestimmten Kontrollbedingungen unterwerfen. Die neuen Schuldenregeln soll ein Stabilitätsrat der Finanzminister von Bund und Ländern überwachen.

SPD-Fraktionschef Struck nannte das Ergebnis eine „Sternstunde des kooperativen Bundesstaats“, der baden-württembergische Ministerpräsident Oettinger zeigte sich „sehr zufrieden“. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, das Ergebnis beweise die Handlungsfähigkeit des Föderalismus, CSU-Chef Horst Seehofer sprach von einer „Wetterwende“. Er nahm für sich in Anspruch, das bayerische Festhalten am Ziel der Nullverschuldung habe erst zu der Lösung geführt

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begrüßte die vereinbarten Finanzhilfen „im Grundsatz“. Die geplante Schuldenbremse beurteilte er skeptisch. „Man sollte sich keine Ziele setzen, die von vornherein den Kern des Scheiterns in sich tragen.“ Wowereit hatte die Kommissionssitzung am Donnerstag früh verlassen, um auf einer Geburtstagsfeier für Ex-Parteichef Kurt Beck die Laudatio zu halten. Beck war nicht Mitglied der Kommission.

Die FDP äußerte sich zufrieden über das Ergebnis. Die Kommission habe sich dem Konzept der Liberalen angenähert, sagte der Abgeordnete Ernst Burgbacher. Dagegen meinte Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn: „Was beschlossen wurde, ist keine tatsächliche Schuldenbremse.“ Die Linkspartei lehnte das Vorhaben ab. Es sei eine „fundamentale Weichenstellung in die falsche Richtung“, sagte Vizefraktions chef Bodo Ramelow. Auch die Gewerkschaften kritisierten das Ergebnis als gefährlich für den Sozialstaat.

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