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Politik: Folgen des Terrors: Die Angst der Inder vor Al Qaida

"Das war nicht nur ein Angriff auf ein Gebäude, das war eine Warnung an die gesamte Nation. Wir nehmen diese Herausforderung an.

"Das war nicht nur ein Angriff auf ein Gebäude, das war eine Warnung an die gesamte Nation. Wir nehmen diese Herausforderung an. Jetzt geht es um alles oder nichts." Nur wenige Minuten nach dem blutigen Anschlag auf das indische Parlament in Delhi erschien Premierminister Atal Behari Vajpayee auf den Fernsehbildschirmen, um seiner nervösen Nation mitzuteilen: Jetzt wird ohne Rücksicht zurückgeschlagen. Dabei war zunächst überhaupt nicht klar, wer die Selbstmordattentäter waren, die am Donnerstag das nicht sehr gut bewachte Gebäude überfielen. Alle sechs Selbstmordattentäter und mehr als ein halbes Dutzend Sicherheitskräfte wurden getötet, 20 Personen zum Teil schwer verletzt.

Doch nicht nur Innenminister L. K. Advani und sein Kollege im Verteidigungsministerium, George Fernandes, stellten sofort Vermutungen über die Herkunft der Täter an. Es könnten kaschmirische Separatisten oder Angehörige von Osama bin Ladens Netzwerk Al Qaida gewesen sein, sagten die beiden für die Bekämpfung des Terrorismus zuständigen Männer. Erst am 1. Oktober hatte ein ähnlicher Überfall auf das Parlament von Kaschmir 38 Todesopfer gefordert. Außerdem will der indische Geheimdienst Informationen darüber haben, dass Indien eines der größten Netzwerke von Al Qaida beherbergt. Was nicht verwunderlich wäre: Denn Osama bin Laden hatte in diversen Verlautbarungen immer wieder betont, erst sei Amerika an der Reihe, dann Indien.

Zum Thema Fotosstecke: Osama Bin Laden Online Spezial: Berichte über Bin Laden im Tagesspiegel CNN: Das Video im Original Erstaunlich ist, dass das Parlament nicht besser geschützt war. So konnten die Attentäter in einem offiziell aussehenden Auto und angetan mit den Uniformen des Sicherheitspersonals zunächst unbehelligt auf den Eingang zurasen, der zum Büro des Premierministers führt. Dort sprengte sich einer der Männer - vermutlich versehentlich - in die Luft, was die anderen veranlasste, zu einem anderen Eingang weiterzufahren, wo die blutige Schießerei mindestens eine halbe Stunde lang fortgesetzt wurde. Dem indischen Premier sind in letzter Zeit zunehmend Vorhaltungen gemacht worden, er sei allgemein zu nachgiebig gegenüber mutmaßlichen Terroristen. Seit vielen Jahren behauptet Indien, dass Pakistan hinter diesem Terrorismus steht.

Indien konnte bisher die Amerikaner nicht davon überzeugen, dass der bei ihnen herrschende Terrorismus so energisch bekämpft werden müsse wie Taliban und Al Qaida in Afghanistan. Vor allem aber hat die Regierung in Neu Delhi immer wieder gefordert, Pakistan härter in die Pflicht zu nehmen, das bisher als Alliierter des Westens geschont wurde. Nach den jüngsten Ereignissen könnte sich das aber ändern.

Gabriele Venzky

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