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Politik: Folterfotos – die Massen bleiben ruhig

Arabische Welt verurteilt aber Taten in Abu Ghraib. Das Pentagon betont, die Bilder zeigten nichts Neues

Kario/New York - Die neuen Bilder von Folter und sexueller Erniedrigung im irakischen Gefängnis Abu Ghraib sind in der arabischen Welt bisher relativ gelassen aufgenommen worden. Der Fernsehsender Al Dschasira strahlte die meisten Bilder aus, die der australische Sender SBS ausgegraben hatte. Dazu hieß es, die Demütigungen seien größer als die bisher bekannten. Der saudische Sender Al Arabija ging nur kurz auf die neuen Belege für den Skandal ein, der 2004 die Welt schockiert hatte. Der Sender Al Alam, der von Iran aus sendet, zeigte nur einen Teil des Materials, weil das übrige zu anstößig sei. Im Irak übernahm der Privatsender Al Sharqiyah die Bilder, die Tageszeitungen beschrieben sie nur. Es gab jedoch zunächst keine nennenswerten Demonstrationen.

Auch die irakische Regierung reagierte zurückhaltend. Sie verurteilte die Taten, lobte aber die „starke Verurteilung der Ereignisse durch das US-Außenministerium und amerikanische Regierungsvertreter“. Sie sieht keine Notwendigkeit, die Rolle ranghoher US-Militärs neu zu beleuchten – die Schuldigen seien zur Rechenschaft gezogen worden.

Ähnlich argumentierte das Pentagon. Sprecher Bryan Whitman betonte, die Ermittlungen in dem Fall seien abgeschlossen. „Das Ministerium befürchtet, dass die Veröffentlichung der Bilder die Stimmung weiter anheizt und unnötige Gewalt in der Welt hervorruft“, sagte er. 25 Personen seien für die Grausamkeiten in Abu Ghraib – die die US-Regierung bis heute nicht als Folter verstanden wissen will – bestraft worden. Whitman betonte , dass die Bilder nichts Neues zeigten. Ob sie allerdings zu jenen gehörten, die das Pentagon dem Senat nach Bekanntwerden des Skandals 2004 nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit gezeigt hatte, vermochte er nicht zu sagen.

Unterdessen übten Menschenrechtsgruppen in den USA erneut Kritik daran, dass nur niederrangige Soldaten bestraft worden seien. Die neuen Bilder würden darüber hinaus die Frage aufwerfen, welche Misshandlungen dort stattfanden, wo keine Kameras anwesend waren. „Wir sehen in ihnen weitere unbestreitbare Belege dafür, dass Misshandlungen und Folter weit verbreitet und systematisch waren“, sagte US-Menschenrechtler Anthony D. Romero.

Die neuen Bilder gäben dem Skandal in den Augen von Arabern und Irakern aber keine neue Dimension, sagte der Leiter des Regionalbüros der International Crisis Group in Amman, Joost Hiltermann. Die vom Skandal am stärksten betroffenen Sunniten im Irak hielten sich zurück, weil sie nicht an einer Verschlechterung der Beziehungen zu den USA interessiert seien. „Sie werden derzeit in den politischen Prozess eingebunden und wollen sich nicht selbst schaden“, sagte Hiltermann. Die übrige arabische Welt unterscheide aber sehr wohl zwischen der Folter irakischer Gefangener und der Beleidigung der Muslime.mbk/an

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