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Abgehört. Sarkozy beantragte deshalb ein Telefon unter anderem Namen. Foto: dpa-epa

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Frankreich: Das geheime Telefon von Nicolas Sarkozy

Zwei Pariser Richter wollten Sarkozys Libyen-Connection nachspüren. Und entdeckten, dass er wohl allzu gute Freunde unter ihren Kollegen hatte.

Nach der Affäre um die heimlichen Tonbandaufzeichnungen von Beratungen im Elysée-Palast während der Amtszeit von Präsident Nicolas Sarkozy zeichnet sich in Frankreich ein neuer Skandal ab. Im Mittelpunkt steht wieder der Ex-Präsident, der sich mit dem Gedanken eines politischen Comebacks trägt, dazu sein Anwalt Thierry Herzog, zwei frühere Innenminister und ein Generalanwalt am Kassationshof, dem höchsten Gericht Frankreichs. Es geht um den Verdacht, dass das richterliche Untersuchungsgeheimnis durch die Beteiligten verletzt wurde, und um den Vorwurf der Einflussnahme.

Ausgangspunkt der Affäre, über die die Zeitung „Le Monde“ am Freitag berichtete, ist die Untersuchung, die die Richter Serge Tourmaire und René Grouman seit April 2013 wegen des Verdachts eines möglichen finanziellen Beitrags des libyschen Diktators Gaddafi zu Präsident Sarkozys Wahlkampf im Jahr 2007 führen. Für ihre Ermittlungen ordneten die Richter die Überwachung der Telefone des Ex-Präsidenten, seines Anwalts und der beiden früheren Innenminister Claude Guéant und Brice Hortefeux an. Hortefeux, einer der engsten Vertrauten Sarkozys, soll mit dem Chef der Pariser Kripo, Christian Flaesch, einen intensiven Austausch von Informationen gepflegt haben, der bis zu dessen Versetzung anhielt.

Sarkozy schien alarmiert. Sonst am Telefon meist sehr mitteilsam, soll er sich, wie „Le Monde“ berichtet, fortan größte Zurückhaltung auferlegt haben. Die Ermittler stießen dann jedoch auf die Existenz eines zweiten Telefons. Das soll Sarkozy auf Anraten seines Anwalts Herzog unter falschem Namen beantragt haben, um es für „sensible“ Gespräche zu benutzen, insbesondere auch mit Herzog. Auch der soll sich damals ein Zweitgerät unter anderer Identität zugelegt haben.

Die Überwachung dieser Gespräche brachte den Ermittlern zwar keine neuen Erkenntnisse in der Libyen-Frage, dafür aber Überraschungen in der Affäre um die angebliche Verstrickung Sarkozys in die Affäre um die illegalen Wahlkampfspenden der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt. Dem Ex-Präsidenten, der im Oktober von allem Verdacht reingewaschen worden war, geht es aktuell vor allem um die Rückgabe seiner beschlagnahmten offiziellen und privaten Terminkalender, die von der Justiz weiter einbehalten wurden. Am nächsten Mittwoch, dem 11. März, will der Kassationshof über eine Beschwerde des Ex-Präsidenten in dieser Angelegenheit entscheiden.

Überrascht waren die Ermittler beim Abhören der Gespräche Sarkozys mit seinem Anwalt, wie gut beide über den Fortgang der Prozedur beim Kassationshof informiert waren. Wie aus dem Bericht von „Le Monde“ hervorgeht, hatten sie beim obersten Gericht einen Gewährsmann, angeblich den Generalanwalt Gilbert Azibert. Der sei zwar mit Sarkozys Beschwerde nicht direkt befasst, verfüge aber über Erkenntnisse aus dem internen Informationsnetz, die er offensichtlich an Sarkozys Anwalt Herzog, einen langjährigen Bekannten, weitergab. In einem der Gespräche soll Herzog dem Ex-Präsidenten dann dargelegt haben, dass sein Informant vor dem Ende seiner Karriere als Generalanwalt noch den Posten eines Conseiller d’Etat, eines Ministers in der Regierung von Monaco, anstrebe. Ob Sarkozy nicht ein gutes Wort für ihn bei den monegassischen Behörden einlegen könne.

Das gaben die Untersuchungsrichter Tourmaire und Grouman an die neu geschaffene zentrale Staatsanwaltschaft für Finanzdelikte weiter, die sofort ein Untersuchungsverfahren wegen Verletzung des richterlichen Untersuchungsgeheimnisses und Einflussnahme eröffnete. Zwei Richterinnen wollen nun herausfinden, ob Sarkozy sich als Gegenleistung für die illegale Weitergabe von Informationen durch den Generalanwalt für dessen Karrierewünsche in Monaco eingesetzt habe.

Ende Februar weilte der Ex-Präsident mit seiner Familie zu einem Kuraufenthalt in Monaco. Dort bekam er auch Besuch von seinem Anwalt. Dessen zwei Wohnungen wurden am 4. März von der Polizei durchsucht. Auch das Büro und die Wohnung des Generalanwalts beim obersten Gerichtshof, Gilbert Azibert, wurden den Berichten zufolge gefilzt. Die neue Affäre stehe erst am Anfang, heißt es in der Freitagausgabe von „Le Monde“.

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