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Francois Hollande.

© Reuters

Frankreich: Der Druck der politischen Flügel in der EU-Politik wächst

Präsident Francois Hollande ist bei der Abstimmung über den Fiskalpakt auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Linke Sozialisten und Grüne folgen ihm hier nicht. Aber auch das andere Lager ist gespalten.

Die Stimmung ist mies und François Hollande bekommt das voll zu spüren. Nur noch 42 Prozent der Franzosen äußerten sich in einer neuen Umfrage zufrieden mit ihrem Präsidenten. In einer anderen wünschten sich 49 Prozent der Befragten Nicolas Sarkozy zurück, den konservativen Amtsvorgänger, über den der Sozialist Hollande bei der Präsidentenwahl im Mai mit 51,6 Prozent gesiegt hatte. Da erscheint es wie bittere Ironie, dass Hollandes linke Regierung unter Premierminister Jean-Marc Ayrault ausgerechnet auf die rechte Opposition im Parlament angewiesen ist, um die erste große Abstimmung der neuen Legislaturperiode zu überstehen.

Der linke Flügel der Sozialisten und die mit ihnen regierenden Grünen wollen gegen den EU-Fiskalpakt votieren, dessen Ratifizierung am heutigen Dienstag auf der Tagesordnung des Parlaments steht. Hollande hatte den als „Würgeeisen“ verketzerten Vertrag von seinem Vorgänger geerbt, ohne daran ein Jota ändern zu können. Doch der Präsident wird mit einem blauen Auge davonkommen. Viele Gefolgsleute in der Partei Sarkozys unterstützen den Pakt, den der Ex-Präsident und Bundeskanzlerin Angela Merkel den EU-Partnern vorgelegt haben.

Fünf Monate nach der Präsidentenwahl steht Hollande so geschwächt da. Die Krise wird immer drückender. Gegen den Haushalt für 2013, der den Franzosen Einsparungen und Steuererhöhungen wie noch nie bringt, gingen kürzlich Tausende auf die Straße. Die absolute Mehrheit, die die Parlamentswahl den Sozialisten bescherte, erweist sich als prekäre Basis für die noch kommenden Reformen. Aber der Präsident setzt weiter auf die Grünen. Nur wenn sie gegen den Haushalt stimmen sollten, was die logische Folge ihres Neins zum Fiskalpakt wäre, die sie aber nicht wollen, würde sich die Frage ihres Verbleibs in der Regierung stellen.

Eine Konfrontation wegen der Europapolitik will Hollande nicht riskieren. Das Nein der Franzosen zur EU-Verfassung 2005 liegt ihm noch in den Knochen. Der Druck, den die äußeren Flügel – Kommunisten, Linkspartei und Grüne auf der einen Seite und Souveränisten und Nationalisten auf der anderen – auf die proeuropäische Mitte beider politischer Lager ausüben, wächst beständig. Eine neue Abstimmung wie 2005 würde laut Umfragen ein politisches Desaster. Im Wahlkampf hatte Hollande noch den Anspruch erhoben, Europa eine neue Orientierung zu geben. Heute aber hüllt sich der Präsident über seine Ziele in Schweigen.

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