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Einst galt Haushaltsminister Jerome Cahuzac (rechts) als Stütze der Regierung von Frankreichs Präsident Francois Hollande. Jetzt bringt er den Staatschef in Bedrängnis.

© rtr

Frankreich: „Hollandes Regierung steht infrage“

Der Publizist Alfred Grosser erklärt im Interview, warum die Affäre um Frankreichs Haushaltsminister Cahuzac die Autorität des Präsidenten schwächt und welche Folgen der Skandal für die Parteienlandschaft im Nachbarland haben könnte.

Die Affäre um das Schwarzgeldkonto des früheren Haushaltsministers Jérôme Cahuzac erschüttert Frankreich. In einer Fernseherklärung hat Präsident François Hollande beteuert, dass seine Regierung nichts von dem Auslandskonto gewusst habe. Geben sich die Franzosen mit der Erklärung zufrieden?

Nein. In Frankreich gibt es zwar viele Menschen, die Geld im Ausland haben. Aber sie haben anders als der frühere Haushaltsminister Cahuzac nie den Auftrag gehabt, Steuerhinterziehung zu unterbinden. Das Eingeständnis Cahuzacs, dass er entgegen seiner feierlichen Erklärung vor dem Parlament doch ein heimliches Auslandskonto besitzt, kommt einer Katastrophe gleich.

Staatschef Hollande hat im Wahlkampf eine „vorbildhafte Republik“ ohne Skandale versprochen. Welche politischen Folgen hat der Vertrauensbruch, den die Affäre Cahuzac ausgelöst hat?

Die Chefin der rechtsextremen Front National, Marine Le Pen, wird mit dem Slogan „alle sind korrupt“ von der Affäre profitieren. Allerdings hat auch sie ein Problem: Einer ihrer Vertrauten hat Cahuzac dabei geholfen, ein Konto in der Schweiz zu eröffnen. Trotzdem werden sich Marine Le Pen und die extreme Rechte angesichts der Affäre Cahuzac und der Eröffnung des Anklageverfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy als einzige Alternative zu den Sozialisten und den Konservativen darzustellen versuchen.

Der Publizist Alfred Grosser verfolgt seit Jahrzehnten die Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen.
Der Publizist Alfred Grosser verfolgt seit Jahrzehnten die Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen.

© picture alliance / dpa

Was sagt der Skandal über die Führungsfähigkeiten Hollandes – schließlich steht der Vorwurf im Raum, entweder habe er von Cahuzacs Konto gewusst oder er sei naiv gewesen?

Hollandes Autorität steht angesichts dieser Affäre infrage. Ohnehin ist nicht ganz klar, wie viel Macht er über einige andere Minister besitzt – und auch Premierminister Jean-Marc Ayrault verfügt nicht über allzu viel Autorität. Die ganze Regierung ist infrage gestellt. Hollande muss zwar nicht zurücktreten. Aber das Vertrauen der Bevölkerung in den Präsidenten ist nun noch geringer geworden.

Kann Hollande das Blatt noch wenden?

Es kann sich noch viel ändern. Hollande müsste aber aufhören, sich in vielen kleinen einzelnen Maßnahmen zu verheddern. Statt dessen müsste er zum Beispiel den großen Zusammenhang zwischen der französischen Innenpolitik und der Europapolitik aufzeigen. Er müsste Europa als Gestaltungsmöglichkeit darstellen – anstatt wie bisher den Eindruck zu vermitteln, dass Europa in erster Linie eine Zwangsveranstaltung sei.

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