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Frankreich: Notstandsgesetz greift - weniger Krawall

Nach Wiedereinführung des Notstandsrechts sind die Unruhen in französischen Vorstädten zurückgegangen. Unter dem Eindruck erster Ausgangssperren ließen in der Nacht zum Mittwoch Brandstiftungen und Schlägereien deutlich nach.

Paris - In dieser 13. Unruhenacht gingen nach Angaben der Polizei etwa 600 Autos in Flammen auf - fast die Hälfte weniger als in der Vornacht. Mehr als 200 mutmaßliche Brandstifter wurden festgenommen. «Die Ausgangssperren haben uns ein zusätzliches Mittel gegeben», um gegen Gewalt und Randale vorzugehen, sagte der persönliche Referent von Innenminister Nicolas Sarkozy, Claude Guéant. Gleichzeitig schloss er einen weitergehenden Ausnahmezustand aus. «Der Belagungszustand gilt für eine Invasion oder einen Militäraufstand, aber das ist hier absolut nicht der Fall». Einschränkungen der Presse seien ebenfalls «völlig ausgeschlossen».

Nach einer Umfrage der Tageszeitung «Le Parisien» (Mittwoch) befürworten 73 Prozent der Franzosen Ausgangssperren, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Im Umland von Paris haben sich verstärkt Bürgergruppen gebildet, die zur Ruhe aufriefen. Dennoch wurden neben Fahrzeugen auch wieder öffentliche Gebäude angezündet, darunter Bibliotheken und Grundschulen.

In der kommenden Nacht können ab 22 Uhr in Großstädten wie Toulouse, Marseille, Nizza, Paris aber auch in Rouen und Le Havre Ausgangssperren für Jugendliche und andere Kontrollen verhängt werden. Für Paris schließt die Polizei Ausgangssperren nicht aus, jedoch nur «für den Notfall». Bisher das Zentrum der Hauptstadt weitgehend ruhig geblieben.

Seit Beginn der Unruhen vor fast einer Woche seien insgesamt 1800 Personen festgenommen worden, teilte das Innenministerium mit. 11 500 Polizeibeamte seien im Einsatz. Die Behörden befürchten weitere Unruhen am kommenden langen Wochenende mit einem Feiertag am Freitag. Dabei prüft die Justiz die Herkunft einer mysteriösen Internet- Botschaft, die Jugendliche zur Randale am Samstag auf der Prachtavenue der Champs-Élysées aufgerufen hat. Dieses symbolträchtige Bezirk der Hauptstadt und Touristen-Magnet gehört mit 700 Polizeibeamten zu den am besten bewachten Zonen des Landes.

Die konservative Regierung hatte am Dienstag ein Notstandsgesetz aus dem Jahr 1955 wieder in Kraft gesetzt, das für zwölf Tage Ausgehverbote und verschärfte Kontrollen ermöglicht. Möglich sind Hausdurchsuchungen beim Verdacht auf Waffenbesitz. Kinos und Bars können geschlossen werden, doch wurden die Präfekten, die regionalen Vertreter des Staates, aufgefordert, «mit Mäßigung und Augenmaß» vorzugehen.

In mehreren Départements wurde der Verkauf von Benzin und Gasflaschen an Minderjährige verboten. Sozialisten kritisierten die Ausgangssperren, die die Probleme nicht regelten. «Bei uns herrscht in erster Linie der soziale Notstand», sagte der sozialistische Politiker Jean-Marc Ayrault. Andere Bürgermeister der sozialistischen Partei haben Ausgangssperren für ihre Städte abgelehnt. Bürgermeister haben in Frankreich auch ohne Notstand das Recht, Ausgangssperren zu verhängen. (tso/dpa)

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