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Libyen: Frankreich prescht vor

Frankreich hat als erstes Land den Libyschen Nationalen Übergangsrat als einzige "legitime Vertretung des libyschen Volkes" anerkannt. Präsident Sarkozy will damit in Libyen auch Versäumnisse der Vergangenheit wettmachen.

Nach dem langen Zögern und den zahlreichen Versäumnissen der französischen Diplomatie gegenüber der arabischen Revolution ist die Krise in Libyen für Frankreich nun die Gelegenheit, in der arabischen Welt wieder Fuß zu fassen. Diese Chance wollen Präsident Nicolas Sarkozy und sein neuer Außenminister Alain Juppé entschlossen nutzen.

So hat Frankreich als erstes Land den Libyschen Nationalen Übergangsrat als einzige „legitime Vertretung des libyschen Volkes“ anerkannt. In einer einstündigen Unterredung, zu der Präsident Nicolas Sarkozy am Donnerstag zwei Abgesandte des obersten Gremiums der verschiedenen libyschen Oppositionskräfte, Ali Essaoui und Mahmoud Jibri empfing, wurde zwischen beiden Seiten auch ein Austausch von Botschaftern vereinbart. Ein Vertreter des Übergangsrats werde nach Paris entsandt, erklärte ein Sprecher des Élysée-Palastes, und ein Repräsentant Frankreichs nach Bengasi, dem Sitz der Opposition gegen den Diktator Muammar al Gaddafi.

Beim Bruch mit dem libyschen Diktator, den er 2007 noch mit großem Pomp in Paris empfangen hatte, zögert Sarkozy jetzt auch nicht, den europäischen Partnern einen Schritt vorauszueilen. Zusammen mit Großbritannien hatte Frankreich noch die Initiative zu der Resolution ergriffen, in welcher der UN-Sicherheitsrat Gaddafi ächtete und Sanktionen gegen sein Regime verhängte. Mit der Anerkennung des Übergangsrats stellt Paris einen Tag vor dem auf Sarkozys Betreiben einberufenen EU-Gipfel an diesem Freitag in Brüssel sowohl London wie auch die übrigen in dieser Frage keineswegs einigen EU-Mitglieder vor vollendete Tatsachen. Sarkozy will so die Partner für seine Prioritäten gewinnen. Kurzfristig geht es ihm um die Vertreibung Gaddafis, langfristig um die Wiederbelebung des unter französischem EU-Vorsitz initiierten Projekts einer Union für das Mittelmeer (UPM).

Unterdessen erklärte Gaddafis Sohn Seif el Islam, die libysche Regierung werde sich niemals den Rebellen ergeben. „Das ist unser Land, wir werden niemals aufgeben und uns niemals ergeben“, sagte Islam am Donnerstag in einem Interview mit den britischen Sendern Sky News und BBC TV. „Wir kämpfen hier in Libyen, wir sterben hier in Libyen“. „Das libysche Volk wird die Nato und die USA niemals willkommen heißen.“

Das libysche Staatsfernsehen berichtete, dass die Ölstadt Ras Lanuf von Aufständischen „geleert“ sei und sich die Gaddafi-treuen Truppen auf dem Weg nach Bengasi, der Oppositionshochburg, befänden. Die Truppen seien derzeit dabei, die Ölstadt Brega weiter östlich zurückzugewinnen. Bei Bombardierungen bei Ras Lanuf wurden nach Angaben einen Krankenhausmitarbeiters in Brega mindestens vier Menschen getötet und 35 verletzt. Das libysche Staatsfernsehen berichtete im Laufe des Tages über die bevorstehende Freilassung dreier gefangen genommener Niederländer. Am Abend dann verlautete aus dem griechischen Verteidigungsministerium, dass ein griechisches Armeeflugzeug nach Libyen geflogen sei, um die Ende Februar gefangen genommenen niederländischen Soldaten auszufliegen. Das Flugzeug sollte die Soldaten nach einer Übergabe in Tripolis nach Athen bringen. Die beiden Männer und eine Frau waren am 27. Februar während einer Rettungsaktion für zwei ausländische Zivilisten in der Stadt Sirte festgenommen worden. mit AFP

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