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Frankreich: Sarkozys "Krönungsmesse"

Heute hat Nicolas Sarkozy wahrscheinlich zum ersten Mal wirklich daran geglaubt, dass er der nächste Präsident Frankreichs werden könnte. Seine Wahl zum Präsidentschaftskandidaten wurde zum Signal an Jacques Chirac.

Paris - "Mein ganzes Leben habe ich davon geträumt, Frankreich nützlich zu sein", sagt Innenminister Nicolas Sarkozy, nachdem ihn in einer Urwahl 98,1 Prozent der teilnehmenden UMP-Mitglieder zum Kandidaten für den Urnengang im Frühjahr gemacht haben. "Heute habt Ihr eine erste Etappe dieses Traums Wirklichkeit werden lassen." 68.000 UMP-Mitglieder aus ganz Frankreich waren zu Sarkozys "Krönungsmesse" nach Paris gereist und feierten ihren Kandidaten frenetisch - ein Signal an Amtsinhaber Jacques Chirac, der Sarkozy jahrelang Steine in den Weg gelegt hatte und noch immer nicht ausschließt, selbst erneut anzutreten.

"Chirac hat Frankreich erstarren lassen", sagt der 67-jährige Philippe Fabry aus Neuilly, der als UMP-Mitglied seit Jahren auf Sarkozy hofft. "Wir können das Land nicht mehr so regieren." Für den 17-jährigen Charles-Henri ist Sarkozy eine neue Art Politiker: "Er sagt, was er denkt", sagt der Schüler, der seit kurzem Mitglied der UMP-Jugendorganisation aus Angers ist.

Harmoniesüchtige Parteitagsregie

Für Stimmen von Kritikern ist auf dem Parteitagsspektakel, das 3,5 Millionen Euro kostete, eigentlich kein Raum. Einer kommt trotzdem: Premierminister Dominique de Villepin legt einen halbstündigen Blitzbesuch hin, nachdem er öffentlich verkündet hatte, dass er nicht für Sarkozy stimmen werde. Für den 51-jährigen Innenminister ist das Bild der Einheit wichtiger als die langjährige Rivalität mit dem Chirac-Zögling. Pfiffe lässt er den Mitgliedern ausdrücklich verbieten. Und einige rufen Villepin tatsächlich "Dominique, Dominique" zu, aber dann setzt sich wie von einer harmoniesüchtigen Parteitagsregie bestellt "Villepin-Sarkozy" durch.

In der langen Reihe von Rednern, die Sarkozy unterstützen, bekommt eine besonders viel Zeit eingeräumt: Verteidigungsministerin Michèle Alliot-Marie, die erst am Freitag ihre eigenen Präsidentschaftspläne begraben hatte, um eine Spaltung der Bürgerlichen im Wahlkampf zu verhindern, und dafür jetzt von den "Sarko"-Anhängern stürmisch mit stehenden Ovationen bejubelt wird. Ähnlich geht es Alain Juppé, einst Chiracs "Kronprinz", der sich gerade hinter Sarkozy gestellt hatte.

Warum nicht auch Chirac? Diese Frage stellen sich viele, die auf einen erneuten Sieg bei den Präsidentschaftswahlen hoffen. "Chirac will Sarkozy Angst machen", sagt Charles-Henris Freund Antoine. Der 17-Jährige glaubt, dass Chirac Sarkozy "destabilisieren" will - aus Rache möglicherweise, weil Sarkozy ihn vor der Präsidentschaftswahl 1995 im Stich gelassen und die Seiten gewechselt hatte. Charles-Henri glaubt dagegen, dass Chirac damit letztlich aber nur Druck auf den Kandidaten ausüben will, "die Familie zu einen und offen für alle zu sein".

Unterstützung für Sarkozys Einwanderungspolitik

Auf dem Parteitag fallen dabei vor allem die mit gelb-roten Schärpen geschmückten Mitglieder der Vereinigung der Asiaten Frankreichs auf, die Sarkozy trotz seiner harten Linie in der Einwanderungspolitik begeistert unterstützten. "Wir brauchen eine Lösung für dieses humanitäre Problem", sagt Mai Quoc Minh, der vor 20 Jahren aus Vietnam nach Frankreich gekommen ist, mit Blick auf die Immigrantenfrage. Die Grenzen offen zu lassen, werde dieses nur verschärfen.

Auch der 29-jährige David Bala Ekame, der als Kind aus Kamerun kam, steht hinter Sarkozys Dogma einer "ausgewählten Immigration". "Kanada oder die USA suchen sich auch die Menschen aus, die dort leben sollen", sagt er. "Wir können nicht alle nach Frankreich kommen lassen, wo sie keine Arbeit finden." Die Vorstadt-Krawalle aus dem Herbst 2005 könnten seiner Meinung nach die Wirkung eines Katalysators haben und dazu führen, das Problem um Einwanderung, soziale Hoffnungslosigkeit und Gewalt anzugehen. "Ich kenne die Vorstädte. Die, die Autos verbrennen, sind eine Minderheit. Gegen die muss man etwas unternehmen." (Von Martin Trauth, AFP)

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