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Propagandavideo des "Islamischen Staates". Bei dem Mann, der auf dem Video zu sehen ist, handelt es sich offenbar um den Islamisten Sabri Essid, den Stiefvater des Jungen.

© AFP

Frankreich: Schüler erkennen Klassenkameraden als IS-Schützen wieder

Jugendliche in Toulouse haben einen zwölfjährigen Todesschützen auf einem Hinrichtungsvideo des „Islamischen Staats“ als ihren ehemaligen Mitschüler identifiziert. Dessen Stiefvater ist ein Islamist, der offenbar vom französischen Inlandsgeheimdienst überwacht wurde.

Am 14. März 2014 verschwand er aus dem Umfeld seiner Mitschüler und Lehrer. Der Fünftklässler aus dem „Collège Vauquelin“ in Toulouse erschien ab diesem Tag nicht mehr zum Unterricht. In der Schule im Sozialwohnungsviertel Mirail wird er als „ruhiges Kind“ beschrieben, das ganz normal dem Unterricht gefolgt sei.

Umso tiefer sitzt der Schock bei den ehemaligen Mitschülern, die sich am vergangenen Mittwoch ein Hinrichtungsvideo des „Islamischen Staates“ im Internet anschauten. Auf dem Video, dessen Authentizität sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen lässt, ist ein Zwölfjähriger zu sehen, der einen arabischen Israeli mit einem Kopfschuss tötet. Die Sechstklässler aus Toulouse erkannten in dem Schützen auf dem Video ihren früheren Mitschüler wieder. Vor einem guten Jahr hatten sie noch mit ihm Fußball gespielt. Wie die französische Zeitung „La Dépêche“ berichtete, werden die Ex-Mitschüler psychologisch betreut, seit sie am vergangenen Donnerstag völlig verstört zum Unterricht erschienen waren. Der für die Schule zuständige Vertreter des Bildungsministeriums sagte, dass Mediziner, Psychologen und Lehrer bereitstünden, um den Schülern über den Schock hinwegzuhelfen. Eine Mutter berichtete, die Schüler hätten gefragt, was passieren würde, falls ihr früherer Spielkamerad nach Toulouse zurückkehren würde.

Die Familie reiste im Frühjahr 2014 über Spanien aus

Dem Zeitungsbericht zufolge ist laut Polizeikreisen auf dem Hinrichtungsvideo auch der aus Toulouse stammende Islamist Sabri Essid zu sehen, der Stiefvater des Jungen. Nach Angaben von Ermittlern war der zwölfjährige Schütze, der auf dem Video zu sehen ist, gemeinsam mit seiner Mutter, dem Stiefvater und drei weiteren Geschwistern im Frühjahr 2014 über Spanien und die Türkei nach Syrien gereist.

Der 31 Jahre alte Stiefvater Sabri Essid, der auf dem Video Drohungen gegen Juden in Frankreich ausstößt, ist in Frankreich seit langem der Polizei und den Terrorismusbekämpfern bekannt. Im Jahr 2006 war er von der syrischen Armee aufgegriffen worden, als er in den Irak weiterreisen wollte. Dort wollte er sich am „Dschihad“ gegen die US-Truppen beteiligen. 2009 wurde Sabri Essid zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, die er Fleury-Mérogis im Süden von Paris verbüßte. Die Haftanstalt, in der auch zwei der Attentäter von Paris einsaßen, gilt als eine der Brutstätten des Islamismus.

Radikalisierung im Gefängnis

Als Sabri Essid 2010 wieder aus der Haft freikam, hatte er sich noch weiter radikalisiert. Zwar wurde er anschließend nach einem Bericht der Zeitschrift „L’Express“ vom französischen Inlandsgeheimdienst DGSI überwacht – dennoch gelang es ihm aber Mitte April 2014, sich nach Syrien abzusetzen.
Nach Angaben der Zeitung „La Dépêche“ handelt es sich bei Sabri Essid um den Halbbruder des Islamisten Mohammed Merah, der im Großraum Toulouse vor drei Jahren sieben Menschen erschossen hatte. Unter den Opfern waren seinerzeit auch drei Kinder und ein Lehrer an einer jüdischen Schule.

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