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Frankreich: Wer soll bei der Präsidentschaftswahl Sarkozy herausfordern?

Frankreichs Sozialisten sind geschockt: Ihr aussichtsreichster Kandidat auf das Präsidentenamt Dominique Strauss-Kahn sitzt in Haft. Wer soll jetzt gegen Präsident Sarkozy antreten? Drei Namen werden immer wieder genannt

Das Entsetzen ist noch immer groß. Vier Tage nach der Verhaftung des Generaldirektors des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, wirkt Frankreichs politische Klasse noch immer wie betäubt. „Es ist unfassbar“, sagte Martine Aubry, die Parteichefin der Sozialisten. Die Bilder ihres in Handschellen vorgeführten Parteifreundes, der als Favorit der Linken bei der Präsidentenwahl 2012 galt und der nun als Untersuchungshäftling in einem New Yorker Gefängnis sitzt, haben nicht nur ihr einen Schock versetzt. Auch im rechten Regierungslager herrscht Sprachlosigkeit.

Wie schon nach einem Spitzentreffen am Montag bestand die sozialistische Parteiführung am Dienstag nach einer Sitzung des erweiterten Vorstands offiziell weiter auf der Unschuldsvermutung, die für Strauss-Kahn wie für jeden anderen gelte. An der vereinbarten Nominierung des sozialistischen Herausforderers für den amtierenden Präsidenten Nicolas Sarkozy werde man daher festhalten.

Bisher ist vorgesehen, dass mögliche Kandidaten für die im Oktober vorgesehenen Primärwahlen der Linken ihre Bewerbung vom 28. Juni bis 13. Juli einreichen. Doch dass Strauss-Kahn an diesem Auswahlverfahren, das aus Rücksicht auf seine internationale Verpflichtungen so spät anberaumt worden war, noch teilnehmen kann, glaubt in der Partei niemand mehr. Es sei denn, wie ein Vorstandsmitglied sagte, es träte der unwahrscheinliche Fall ein, dass das Zimmermädchen des New Yorker Hotels die Vorwürfe gegen Strauss-Kahn widerriefe.

Durch den Ausfall Strauss-Kahns hat sich die Ausgangslage für die Primärwahl der Linken allerdings total verändert. In einem Übereinkommen hatte sich Aubry verpflichtet, nicht gegen ihn anzutreten. Das erscheint nun hinfällig, und der Druck auf die Parteichefin wächst, ihre Kanditatur zu erklären. Für den linken Flügel der Partei und alle anderen, die Strauss-Kahn wegen seiner Rolle als Repräsentant der Finanzmacht IWF kritisch gegenüberstanden, wäre sie die ideale Kandidatin. Doch Aubry hält sich bewusst bedeckt, um das Ausbrechen neuer Machtkämpfe zu vermeiden. Seit sie vor gut drei Jahren die Parteiführung übernahm, ist es ihr gelungen, die zerstrittenen Flügel zusammenzuführen und auf ein künftiges Wahlprogramm zu verpflichten. Diese Einheit will sie um jeden Preis wahren.

Ségolène Royal, die 2007 Sarkozy unterlag, nimmt diese Rücksicht nicht. Als eine der Ersten hat sie bereits vor Monaten ihre Ambition einer neuerlichen Bewerbung angemeldet, ohne bisher zu präzisieren, was sie 2012 anders machen will als vor vier Jahren. François Hollande, Aubrys Vorgänger als Parteichef, und langjähriger Lebenspartner Royals, ist da weiter. Als Kandidat der Sozialisten wolle er sich der Sorgen der Menschen annehmen und sich für sozialdemokratische Reformen einsetzen, verspricht er. Er hatte sich lange Zeit aus der vordersten Linie zurückgezogen und erfreut sich jetzt offensichtlich neuer Sympathien. Nach einer Erhebung des Instituts Harris von Anfang dieser Woche erklärte jeder zweite Anhänger der Sozialisten, er wünsche sich Hollande als Kandidaten, sollte Strauss-Kahn nicht antreten. 23 Prozent erklärten ihre Präferenz für Aubry und nur zehn Prozent für Royal.

Auch für Präsident Sarkozy und seine politischen Freunde ist der Fall Strauss- Kahn keineswegs Grund zur Freude. Immerhin hatte der Präsident seinen potenziellen Konkurrenten selbst für den IWF- Chefposten empfohlen und muss nun ohne dessen fachlichen Rat auskommen, wenn er wie angekündigt während der französischen Präsidentschaft der acht wichtigsten Wirtschaftsnationen (G8) internationale Reformen auf den Weg bringen will. „Le Figaro“ berichtet zudem aus der Umgebung Sarkozys, der Präsident befürchte, die Affäre Strauss-Kahn könnte das ohnehin lädierte Ansehen der politischen Klasse in Frankreich weiter beschädigen.

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