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Update

Frankreichs Wahlergebnisse verschlüsselt bei Twitter: "Holland liegt vor Ungarn"

Weil die Wahlergebnisse in Frankreich erst nach 20 Uhr des Wahltags veröffentlicht werden dürfen, wurden Twitterer kreativ und schrieben verschlüsselt über die Hochrechnungen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ausländische Medien.

"Von Frankreich aus fliegt man nach Amsterdam für 28 Euro, nach Budapest für 25 Euro", steht da. Ganz schön billig, mag mancher denken. Doch bei dieser Twitter-Kurznachricht geht es nicht um die neuen Tarife einer Billigfluglinie. Übersetzt heißt das: Hollande 28 Prozent, Sarkozy 25. Weil französische Medien die Wahlergebnisse nicht vor Schließen des letzten Wahlbüros um 20 Uhr veröffentlichen dürfen, zeigten sich die Twitter-Gemeinde am Sonntag kreativ. Wie einst zu Résistance-Zeiten während des zweiten Weltkriegs, sendeten die Nutzer ihre Botschaften verschlüsselt unter dem Stichwort #radiolondres - in Anspielung auf codierte Geheimbotschaften des späteren Präsidenten Charles de Gaulle über die britische BBC.

Hollande wurde zu Holland, Sarkozy als Sohn eines ungarischen Einwanderers zu "Ungarn": "Holland liegt zur Halbzeit vor Ungarn", bedurfte da keiner großen Interpretationsgabe mehr.

Andere drückten sich weniger vorsichtig aus und schrieben beispielsweise: "Zum Abendessen gibt es heute 27 Prozent Gouda, 25 Prozent Gulasch und 14 bis 15 Prozent gutes französisches Baguette." Letzteres sollte das Ergebnis der rechtsextremen Marine Le Pen verschlüsseln. Andere tarnten die Ergebnisse als Wetterbericht: „Amsterdam 28°, Budapest 25°, Nürnberg 16°, Moskau 14°, Pau 10°, Oslo 2°“.

Die Twitter-Gemeinde protestierte so auch gegen die Sperrfrist, die den Franzosen die Ergebnisse vorenthält, die auf den frankophonen Seiten ausländischer Medien bereits am Nachmittag zu lesen sind.

Noch am Wahlabend teilte die Kommission für Wahlumfragen in Frankreich mit, die Staatsanwaltschaft wegen der vorzeitigen Veröffentlichung von Hochrechnungen eingeschaltet zu haben. Es gebe Vorgänge, die „strafbar“ erschienen, teilte die Kommission am Sonntagabend in Paris mit. Davon seien Einzelpersonen ebenso wie Medienhäuser betroffen. Auf eine Veröffentlichung von Wahlprognosen und Hochrechnungen vor 20 Uhr steht in Frankreich eine hohe Geldstrafe von bis zu 375.000 Euro. Bereits bei der Präsidentschaftswahl 2007 hatten ausländische Medien die Sperrfrist gebrochen. Wie befürchtet verbreiteten sich die Zahlen auch diesmal über das Internet rasend schnell.

Betroffen sind die Nachrichtenagentur AFP, zwei belgische Medien, ein Schweizer Medium, eine Internet-Seite mit Sitz in Neuseeland und ein belgischer Journalist, wie die Staatsanwaltschaft am Sonntagabend in Paris mitteilte. Mehrere große Medien außerhalb Frankreichs hatten sich über das Verbot hinweggesetzt.

Die ersten Wahllokale schlossen am Sonntag in kleineren Städten und Dörfern schon um 18 Uhr. Meinungsforschungsinstitute waren in repräsentativ ausgewählten Orten dabei und lieferten daher schon vor 19 Uhr ihre ersten Hochrechnungen zum Ergebnis der Wahl. Um die Wähler in den Großstädten nicht zu beeinflussen, die noch bis 20 Uhr wählen gehen konnten, durften Ergebnisse aber vorher nicht veröffentlicht werden.

mit AFP

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